Meinung : Der Nationalismus darf keine neue Chance haben
Meinung Der Nationalismus wächst wieder – und mit ihm die Bereitschaft, eigene Interessen rücksichtslos gegen andere Staaten durchzusetzen. Er war schon die Pest des letzten Jahrhunderts.
Nie wieder Krieg“ steht auf Polnisch in großen Lettern auf der Westerplatte vor Danzig, wo am 1. September vor genau 80 Jahren der Zweite Weltkrieg begann. Keine Frage, niemand will wieder Krieg. Angesichts der Wucht moderner Waffen wäre dieser selbstzerstörerisch. Die Gefahr heute ist eine andere. Sie lautet: Krieg aus Versehen. Krieg aus Überforderung. Oder aus Überschätzung. Die Zahl der Konflikte, kleiner wie großer, ins Unüberschaubare, die Auseinandersetzungen werden multipolar und dazu auch immer vielschichtiger. Hier Grenzstreitigkeiten, dort ethnische Reibereien, Streit um Rohstoffe, Zollkriege, Wanderungsbewegungen, Kampf um regionale Hegemonien, Klimakrise.
Der Nationalismus wächst wieder – und mit ihm die Bereitschaft, eigene Interessen rücksichtslos gegen andere Staaten durchzusetzen. Gleichzeitig werden die internationalen Institutionen, die das Chaos ordnen sollen, systematisch ausgehöhlt. In vielem erinnert die heutige Lage an die Schlafwandler von 1914, die alle nur ein paar Machtspielchen spielen wollten, jeder für sich, und gemeinsam so den Ersten Weltkrieg lostraten.
Nicht Landeroberung für ein „Volk ohne Raum“ (Hitler) wird die Losung sein, die zum nächsten großen Schlachten führen könnte. Sondern „Mein Land zuerst“. Der Nationalismus war schon die Pest des letzten Jahrhunderts. Er darf keine neue Chance bekommen. Die zwingende Ergänzung des Satzes „Nie wieder Krieg“ muss daher lauten: „Nie wieder Nationalismus“.