Der nächste Anschlag kommt gewiss

Merkel hätte allen Grund, den Abzugstermin anzuzweifeln.

Die nächsten Tage dürften in Afghanistan entscheidend sein. Die Frage ist dabei nicht so sehr, ob der Krieg gegen die Taliban und deren mutmaßliche Al-Kaida-Terrorhelfer von der internationalen Truppe noch zu gewinnen ist. Das ist er nicht — daran zweifelt im Grunde niemand mehr. Die Frage ist, ob der Abzugstermin Ende 2014 zu halten ist. Angesichts der jüngsten Entwicklungen gibt es daran berechtigte Zweifel.

Zumindest dann, wenn weiterhin gelten soll, was bislang noch offizielle Lesart, sprich Einsatzziel, ist: Dass die Isaf-Truppen den Afghanen in gut zweieinhalb Jahren ein halbwegs stabiles Land übergeben — mit Perspektiven für eine friedliche und wirtschaftlich gesicherte Zukunft; dass bis dahin das „Partnering“, der gemeinsame Einsatz von afghanischen und ausländischen Soldaten und Sicherheitskräften, endlich Früchte trägt.

Nach dem Massaker eines US-Soldaten, bei dem 16 Menschen starben, ist die nächste Eskalation aber bereits programmiert. Es wäre ein Wunder, gäbe es in Kabul, Kundus und anderswo keine gewalttätigen Demonstrationen und weitere Anschläge auf ausländische Soldaten, die von vielen Afghanen als Besatzer empfunden werden. Auch die Arbeit der verbliebenen zivilen Helfer steht mehr denn je auf der Kippe. Zumal die Wut der Bevölkerung nach den Koranverbrennungen und weiteren Torheiten noch längst nicht verraucht ist. Eine brandgefährliche Gemengelage.

Kanzlerin Angela Merkel weiß das und hätte eigentlich allen Grund, das Abzugsdatum der Bundeswehr anzuzweifeln. Dass sie das zumindest nicht öffentlich macht — und gestern eiligst zurückruderte — hat vor allem zwei Gründe. Zum einen ist der Krieg am Hindukusch in der Bevölkerung unpopulär. 52 deutsche Soldaten haben dort bereits ihr Leben gelassen. Die Opposition und auch die FDP als Juniorpartner in der Koalition würden eine Verlängerung des Mandats vermutlich nicht mittragen.

Zum anderen geben die Deutschen in der Allianz nicht den Ton an. Das machen die Amerikaner, und die denken nicht daran, ihre Truppen länger in einen Waffengang zu schicken, der nicht zu gewinnen ist. Bereits im kommenden Jahr sollen weitere US-Einheiten das Land verlassen. Ein Jahr vor der Zeit.

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