Meinung Der Fall Thomas Cook - die Regierung ist in der Pflicht

Meinung · Ein Weihnachtsgeschenk vom Staat an die von der Insolvenz betroffenen Thomas-Cook-Pauschalurlauber? Nein, das ist die nun von der Bundesregierung angekündigte finanzielle Entschädigung nicht. Ein Kommentar.

 Annette Ludwig.

Annette Ludwig.

Foto: Sergej Lepke

Ein Weihnachtsgeschenk vom Staat an die von der Insolvenz betroffenen Thomas-Cook-Pauschalurlauber? Nein, das ist die nun von der Bundesregierung angekündigte finanzielle Entschädigung nicht. Sie ist vielmehr ein Schuldeingeständnis und der Versuch, für Kunden erfolgversprechende Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Leider müssen nun aber die Steuerzahler dafür herhalten, dass die Bundesregierung ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht hat. Hätte sie eine entsprechende EU-Richtlinie vernünftig umgesetzt, wäre diese Situation erst gar nicht entstanden. In der EU-Richtlinie heißt es nämlich: „Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass Reisende, die eine Pauschalreise erwerben, von der Insolvenz des Reiseveranstalters in vollem Umfang geschützt sind.“ Und genau das ist in Deutschland nicht der Fall. Hierzulande ist die gesetzliche Absicherung der Pauschalreisenden auf 110 Millionen Euro pro Versicherer gedeckelt.

Dass diese Summe im Falle einer Pleite eines Branchen-Schwergewichts wie Thomas Cook nicht ausreichen würde, ist für die Bundesregierung keinesfalls eine überraschende Information. Vielmehr gab es bereits Anfang des Jahres deutliche Hinweise etwa vom Reisebüroverband sowie von den Grünen, dass Handlungsbedarf besteht. Im März dieses Jahres hatte die Bundestagsfraktion der Grünen sogar beantragt, die Haftungsgrenzen auf 300 Millionen Euro anzuheben. Doch der Antrag versandete im Bundestag.  Und das möglicherweise nicht ohne Grund. Denn je höher die Haftungssumme, desto höher auch die Prämien. Mit einer Begrenzung der Haftungssumme konnten die Reisekonzerne die Versicherungsprämien niedrig halten.

Erst jetzt, wo es zum Knall gekommen ist, lenkt die Bundesregierung ein. Und hofft dabei noch, einen Bonus beim Bürger für so viel Großzügigkeit zu bekommen. Ein Handlungsmuster, das bei Politikern, aber auch Unternehmen immer wieder zu beobachten ist: erst handeln, wenn es gar nicht mehr anders geht. Das aber schürt vielmehr die Politikverdrossenheit  und erschüttert die Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen. Die Bürger fühlen sich nicht ernst genommen und erst recht nicht gut vertreten von ihren Volksvertretern. Sie wollen keine Geschenke, sondern eine gut gemachte Politik.

Jetzt also wird es richtig teuer für die Bundesregierung respektive für den Steuerzahler. Die Versicherung wird nur 17,5 Prozent der Gesamtansprüche von 287,4 Millionen Euro erstatten. Um solche Fälle künftig zu vermeiden, muss die Groko das Gesetz grundlegend korrigieren. Damit die Verbraucher künftig richtig abgesichert sind. Und der Steuerzahler nicht dafür zur Kasse gebeten wird.

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