Meinung Dass Gesetze den Kampf gegen Kinderpornografie so stark einschränken, ist ein Witz

Meinung | Düsseldorf · Jahrelang lief der Kampf gegen Kinderpornografie in Deutschland nur schleppend, jetzt sollen endlich technische Möglichkeiten geschaffen werden, doch es braucht neue Gesetze.

 NRW-Justizminister Biesenbach hat sich am Montag auf einer Pressekonferenz zum Forschungsprojekt «Künstliche Intelligenz gegen Kinderpornografie» geäußert.

NRW-Justizminister Biesenbach hat sich am Montag auf einer Pressekonferenz zum Forschungsprojekt «Künstliche Intelligenz gegen Kinderpornografie» geäußert.

Foto: dpa/Arne Dedert

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dieser Spruch ist uralt und doch aktuell. Das zeigt sich jetzt im Kampf gegen Kinderpornografie. Ein Kriminalitätsfeld, bei dem schon seit Jahren Ermittler unter psychischer Dauerbelastung gegen Windmühlen angehen. Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und plötzlich gibt es einen politischen Willen, wird die Initiative ergriffen, nach Mitstreitern gesucht und formuliert: Lasst uns eine Lösung finden. Und ebenso plötzlich liegt der Weg so schnurgerade vor einem, dass man sich fragt: Wie hat man ihn nur so lange nicht finden können?

Wie hat man so lange hinnehmen können, dass ausgebildete Kriminalisten gebunden werden, um Klick für Klick Bilder durchzusehen statt Durchsuchungsbefehle zu vollstrecken, Vernehmungen durchzuführen und anderes kriminalistisches Handwerk zu verrichten? Wenn es doch offensichtlich bloß ein paar Rechtsexperten und ein paar Technikexperten – neben dem Willen natürlich – braucht, um eine Maschine zu erfinden, die das genau so gut, sogar schneller und emotionslos, tun kann.

Solche Gedanken sind wohl müßig. Und sollen nicht schmälern, was in Nordrhein-Westfalen nun womöglich auf den Weg gebracht wurde: ein weltweit einzigartiges Pionierprojekt, das Wissen von Technikern, Forschern und Strafverfolgern bündelt, um in Zeiten der Digitalisierung nicht nur dranzubleiben an den Verbrechern im Netz, sondern die Chancen der Digitalisierung sogar aktiv gegen diese zu nutzen. Und das ohne lange Ausschreibungen und hohe Kosten, sondern im Dienste der Wissenschaft und Allgemeinheit.

Dass NRW technisch derart voranprescht, darf indes nicht verhehlen, dass in Deutschland noch vieles im Wettlauf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie ungetan bleibt, obwohl es technisch längst geht. Weil es rechtlich unzulässig ist. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird es eine verfassungsgerichtliche Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung geben. Und man kann nur hoffen, dass es eine kluge Entscheidung sein wird, die den Zugriff auf IP-Adressen in engen Grenzen erlaubt. Etwa beim Verdacht auf Verbreitung von Kinderpornografie oder strafrechtlich relevanter Hetze.

 Ein Kommentar von Juliane Kinast.

Ein Kommentar von Juliane Kinast.

Foto: Judith Michaelis

Dass es technisch zwar keinerlei Problem macht, den Standort eines Computers zu bestimmen, von dem aus zu Gewalt gegen einen Politiker aufgerufen oder Material vom Missbrauch eines Kindes zum Tausch angeboten wird, es aber rechtlich bislang nicht geht, ist ein Witz. Ein schlechter. Neue technische Möglichkeiten nützen Deutschland nur, wenn es seine vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfen kann. Der Wille sollte jetzt da sein.

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