Meinung Corona-Krise: Deutschland steht vor seiner schwersten Prüfung

Meinung · Corona sieht man nicht. 10 000 Fälle im ganzen Land erscheinen beherrschbar. Aber die Dunkelziffer liegt beim Faktor zehn, so die Schätzungen. Es sind wirklich Idioten, die jetzt noch in den Parks die Flasche kreisen lassen oder zu Hause Corona-Partys veranstalten. Dies ist keine schöne Zeit.

 Menschen schauen die Rede der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Wohnzimmer in Oberhausen. Die Bundeskanzlerin redet über die Coronavirus-Pandemie.

Menschen schauen die Rede der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Wohnzimmer in Oberhausen. Die Bundeskanzlerin redet über die Coronavirus-Pandemie.

Foto: dpa/Fabian Strauch

Es sind wirklich Idioten, die jetzt noch in den Parks die Flasche kreisen lassen oder zu Hause Corona-Partys veranstalten. Die sich beim Sport abklatschen. Die Kinder in großen Gruppen tollen lassen. Das schöne Wetter täuscht. Dies ist keine schöne Zeit. Und auch kein Extraurlaub.

Corona sieht man nicht. 10 000 Fälle im ganzen Land erscheinen beherrschbar. Aber die Dunkelziffer liegt beim Faktor zehn, so die Schätzungen. Und viele Erkrankte merken kaum etwas; sie tragen das Virus weiter. Die Zahl der Infizierten verdoppelt sich derzeit alle 3,5 Tage. Das bedeutet bei unveränderter Entwicklung: In zwei Wochen wird es hierzulande über 150 000 registrierte Infizierte geben, in einem Monat schon über zwei Millionen. Wenn das passiert,  kollabiert das Gesundheitssystem. Und Tausende werden sterben.

Angela Merkel hat in ihrer ungewöhnlichen Fernsehansprache erneut auf die Dramatik der Situation hingewiesen und alle aufgefordert, auf jeden vermeidbaren sozialen Kontakt zu verzichten. Deutschland steht unmittelbar vor der entscheidenden Phase der Krise. Nicht irgendwann. Sondern jetzt. Wenn die Party-Leute so weitermachen, die Leichtsinnigen und die Leugner, dann wird es auch in deutschen Krankenhäusern bald aussehen wie in Italien.

Also: Mindestens 1,50 Meter Abstand, egal in welcher Situation. Also: Händewaschen, immer und immer wieder. Also: Keinerlei enger Kontakt mit anderen Menschen. Nur mit der eigenen Familie. Und selbst da: Händewaschen. Also keine Party mehr. Kein geselliges Essen. Kein Gruppensport. Kein Spielplatz. Jetzt kommt die bittere Zeit.

 Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Foto: nn

Es wäre ein Wunder, wenn Deutschland angesichts der bisherigen Leichtfertigkeit eines Teils seiner Bevölkerung um den großen Hammer herumkäme, der in Europa schon über Italien, Frankreich, Österreich und Spanien niedergegangen ist: Ausgangssperre. Der totale Shutdown. Merkels Rede bereitet diesen Schritt vor, sie ist eine letzte Warnung.

Jetzt ist wirklich Disziplin gefragt. Von allen. Je mehr Disziplin, umso schneller ist diese unerträgliche Zeit vorbei. Es gibt jetzt kein Verständnis mehr für all die Witzbolde und Wichtigtuer, ob im Netz oder auf den Straßen, die sich über die Weisungen hinwegsetzen. Jetzt brauchen die Schwächsten Solidarität, vor allem die Alten. Die Einsatzkräfte und das medizinische Personal brauchen Unterstützung, wenigstens moralisch. Deutschland steht vor einer schweren Prüfung. Die Fächer lauten: Verantwortung und Gemeinsinn. Geprüft wird nicht irgendeine abstrakte Macht. Geprüft wird jeder Einzelne von uns. Ohne Ausnahme.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort