Meinung CDU-Parteitag: Die Löwin und der Bettvorleger

Meinung | Leipzig · Für Annegret Kramp-Karrenbauer gibt es keine Zeit zum Atemholen. Es ist nicht eine Meute hinter ihr her, es sind mehrere. Angela Merkel wird ihr nicht helfen, die denkt nur noch an sich.

 Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU und Verteidigungsministerin, winkt nach ihrer Rede beim CDU-Bundesparteitag.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU und Verteidigungsministerin, winkt nach ihrer Rede beim CDU-Bundesparteitag.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Konkurrenten brüllten vor dem Parteitag wie die Löwen. Und landeten als Bettvorleger. Die Löwin heißt Annegret Kramp-Karrenbauer. Friedrich Merz konnte sie nur noch loben. AKK hat ihre Kritiker in Leipzig klar in die Schranken gewiesen. Mit einer Rede, die programmatisch den Anspruch auf die Kanzlerschaft unterstrich. Die integrativ nach innen war. Und offensiv gegen ihre Herausforderer. Formal hat Kramp-Karrenbauer nun alle Trümpfe in der Hand: Nach alter Tradition entscheidet die Parteivorsitzende der CDU im Benehmen mit dem der CSU, wer für die Union als Kanzlerkandidat antritt. Das wird Ende 2020 sein.

Trotzdem bleibt es eine ausgesprochen dumme Idee von Angela Merkel, ihren Abgang von der Macht schon drei Jahre vor dem Termin eingeleitet zu haben, nämlich mit ihrem Rücktritt vom CDU-Parteivorsitz Ende 2018. Damit setzte sie ihre Nachfolgerin viel zu lange dem Mobbing der Neider, Zweifler und Kritiker aus. Die werden nach Leipzig nur kurzfristig leiser werden, aber nicht endgültig verstummen. Denn ihr Ziel wird es sein, AKK so zu schwächen, dass sie in zwölf Monaten einem anderen den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur lassen muss. Die einen, weil sie Friedrich Merz noch immer für den attraktiveren Kandidaten halten, zumal Kramp-Karrenbauer im ersten Jahr viele Anfängerfehler gemacht hat. Die anderen, zum Teil sind es dieselben, weil sie einen wirtschaftsliberaleren Kurs, eine härtere Gangart in der Innen- und Flüchtlingspolitik, weniger Soziales und weniger Umwelt wollen.

 Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Foto: nn

Strategisch wäre das freilich hochriskant. Merz ist ein Mann von gestern – und ein Mann des großen Geldes. Er kommt bei den Wählern weniger gut an, als man im CDU-Wirtschaftsflügel vermutet. Und was den Kurs angeht: Derzeit verliert die Union Sympathisanten vor allem in Richtung Grüne und Nichtwähler. Wenn sie die Mitte aufgibt, macht sie die Grünen noch stärker. Außerdem: Mit wem will denn eine rechts und neoliberal gewendete CDU hinterher regieren? Wenn man das Tabu einer Zusammenarbeit mit der AfD nicht antastet, bleiben nur Grüne und Liberale. In einer solchen Koalition müsste ein Kanzler Friedrich Merz mehr Wahlversprechen brechen, als Angela Merkel in vier Wahlkämpfen je gemacht hat.

Die CDU ist gut beraten, auf einem Kurs der Mitte zu bleiben. Mit einer Kanzlerkandidatin oder einem Kanzlerkandidaten der Mitte. Hierfür käme Merz nicht in Frage, wohl aber außer AKK auch Jens Spahn und vor allem Armin Laschet, die ebenfalls lauern. Für die Parteivorsitzende gibt es also keine Zeit zum Atemholen. Es ist nicht eine Meute hinter ihr her, es sind mehrere. Angela Merkel wird ihr nicht helfen, die denkt nur noch an sich. Freilich hat Annegret Kramp-Karrenbauer in Leipzig erneut gezeigt, dass niemand sie unterschätzen sollte. Eine, die mit Merz fertig wird, die kann auch Kanzler.

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