Meinung Bundeswehr und Tradition - Klarheit im Kopf

Haben die nichts Besseres zu tun? Da klemmt es bei der Bundeswehr an allen Ecken und Enden: Panzer, die nicht fahren, Flugzeuge, die nicht fliegen, selbst einfache Soldatenstiefel fehlen. Aber Ursula von der Leyen kümmert sich um Dienstvorschriften, preist den von ihr initiierten neuen Traditionserlass für die Truppe.

Meinung: Bundeswehr und Tradition - Klarheit im Kopf
Foto: k r o h n f o t o . d e

Das sind zehn Seiten Papier, die vermutlich die wenigsten lesen werden. Ja, so kann man denken. Aber es ist kurzsichtig gedacht.

Als im vergangenen Frühjahr die Affäre um den Soldaten Franco A. für Schlagzeilen sorgte, sprach die Ministerin von „Gift“ für den guten Ruf der Truppe. Franco A. war nicht nur terrorverdächtig, sondern auch ein Hitler-Verehrer und Rechtsextremist. Aber die Sache wurde in der Bundeswehr lange vertuscht. Ein klares Führungsversagen. Mag sein, dass von der Leyen daraufhin übereifrig reagierte, als sie die gut 30 000 Einrichtungen der Bundeswehr nach Nazi-Devotionalien absuchen ließ und damit einen Generalverdacht heraufbeschwor, den viele Soldaten befremdlich fanden. Im Kern war ihre Entscheidung jedoch richtig. Denn es ging ja nicht nur um ein paar Stahlhelme der Wehrmacht. Im Fadenkreuz stand und steht der braune, der militaristische Ungeist, der sich bis heute auch in den Namen mancher Kasernen der Bundeswehr widerspiegelt. Und wer meint, das seien alles „olle Kamellen“, der sollte sich das verstörende Geschichtsbild der AfD in Erinnerung rufen, der stärksten Oppositionspartei im Bundestag: Ihr Chef, Alexander Gauland, reklamiert „das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“. Mit solchen Einstellungen lassen sich auch schlimmste Verbrechen salonfähig machen.

Umso wichtiger ist es, dass der neue Traditionserlass der Bundeswehr klare Grenzen zieht und die Wehrmacht als „nicht traditionswürdig einstuft“. Und es ist mehr als ein Symbol, wenn zeitgleich mit dessen Inkrafttreten eine Kaserne den Namen eines deutschen Eroberers im Ersten Weltkrieg ablegt und fortan den eines in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten trägt. Es ist ein Signal, dass die Bundeswehr den Blick auf ihre gut 60-jährige Geschichte lenkt. Es wird auch Zeit. Ja, die Truppe leidet unter Ausrüstungsmängeln. Aber der Geist der Bundeswehr muss ebenfalls stimmen. An welchen Werten sie sich orientiert, aber auch, an welchen nicht, das ist nun klar formuliert und zweifellos ein Verdienst der Ministerin.

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