Bundespräsidenten: Finger weg von der Direktwahl

Die Rolle des Bundespräsidenten nach Wulffs Abgang

Wulff wünschte sich seinen Zapfenstreich. Er hat ihn bekommen. Mit vier Musikstücken, unangebrachtem Lärm aus Vuvuzelas und einer arg geschrumpften Gästeliste. Man kann die Meinung vertreten, er hätte besser auf diesen Festakt verzichtet. Doch das ist zweitrangig. Es kommt darauf an, dass die Ära Wulff an der Spitze des Staates jetzt zu Ende ist und das Amt nicht weiter beschädigt wird.

Der Blick muss in die Zukunft gehen. Deshalb sollte das Thema Ehrensold bald vernünftig geregelt werden — nach folgenden Kriterien: Ein Ex-Präsident sollte durchaus vernünftig alimentiert werden. Das würde schon die Peinlichkeit ersparen, dass er als bezahlter Festredner zu zweit- und drittklassigen Veranstaltungen durchs Land tingelt. Ob — egal wie man den Ehrensold künftig benennt — das Geld wie bei Wulff schon lange vor dem Rentenalter fließt und ob wirklich bis zum Lebensende Büro und Fahrer mit Auto zur Verfügung stehen müssen, sollte sehr kritisch hinterfragt werden.

Weniger eindeutig ist die Situation bei der Forderung, künftig den Präsidenten direkt vom Volk wählen zu lassen. Wohl unter dem Eindruck der Diskussion um Christian Wulff scheinen vier von fünf Deutschen diese Idee prima zu finden. Auf den ersten Blick spricht auch einiges dafür: Das Staatsoberhaupt wäre nicht mehr so stark von Parteien abhängig. Im konkreten Fall wäre es wahrscheinlich Kanzlerin Angela Merkel nicht gelungen, Wulff in dieses Amt zu hieven. Auch könnte sich der Amtsinhaber sicher sein, dass ihm wirklich die Sympathie der Mehrheit gehört — und es keinen Schattenmann als Präsident der Herzen gibt. Vielleicht hätten auch Seiteneinsteiger, die nicht aus dem Politikbetrieb stammen und dennoch dem Amt gewachsen sind, bessere Chancen.

Doch trotz aller Vorteile einer Direktwahl hat die Idee gewaltige Tücken. Neben den Kosten solch einer Volksabstimmung gilt es vor allem zu bedenken, dass wir dann einen echten Wahlkampf erleben dürften, statt der bisherigen harmlosen Kennenlern-Runden bei den Mitgliedern der Bundesversammlung. Der Gedanke, das künftige Oberhaupt würde in Mehrzweckhallen im Bierdunst für sich und seine Visionen werben müssen, ist nicht erträglich. Allein diese Vorstellung genügt als Gegenargument.

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