Meinung Brüssel darf Konfrontation mit Rom nicht scheuen

Meinung · Italiens Regierung sucht die Konfrontation. Unmissverständlich teilt Rom der EU-Kommission in Brüssel mit, dass trotz aller Kritik am Kurs einer höheren Neuverschuldung festgehalten wird. Basta.

Kommentar Rolf Eckers

Kommentar Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Italien geht damit einen Weg, den auch andere Regierungen schon gewählt haben, wenn sie es denn für richtig hielten. Zum Beispiel Deutschland unter Kanzler Gerhard Schröder. Oder Frankreich. Sich nicht an Euro-Stabilitätskriterien zu halten, ist also nicht so ungewöhnlich. Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied: In Italien fehlt jeder Reformwillen. Neue Schulden werden nicht gemacht, um in die Infrastruktur des Landes zu investieren. Es geht nur darum, Wahlgeschenke zu verteilen.

Was die Koalition aus rechtsradikaler Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung plant, ist durchaus geeignet, den Beifall vieler Italiener zu finden. Ein Bürgergeld soll es geben, dazu Erleichterungen beim Renteneintritt und eine Amnestie für Steuerbetrüger. Alles auf Pump. Dabei ist das Land schon jetzt mit mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet, nach Griechenland die höchste Quote in der EU. Brüssel scheint entschlossen, Widerstand wie nie zuvor zu leisten – die Kommission will den nationalen Haushalt ablehnen und Strafaktionen gegen Italien einleiten. Sollte es so kommen, schlägt die große Stunde von Matteo Salvini. Der Politiker vom ultrarechten Rand ist Innenminister, Vizepremier und gilt als der starke Mann in Rom. Salvini hetzt gegen Brüssel, Berlin und Migranten. Sein fremdenfeindlicher und anti-europäischer Ton löst auch deshalb so viel Beifall aus, weil sich viele Italiener – sicher nicht zu Unrecht – beim Flüchtlingsthema von Europa im Stich gelassen fühlen.

Laufen die Dinge wie erwartet ab, kommt es bald zum Showdown: Die EU setzt ein Strafverfahren in Gang – und Italien schert sich nicht darum. So hat es Salvini angekündigt. Das Regelwerk der Gemeinschaft wird ausgehöhlt und missachtet. Das kann und darf die Union nicht akzeptieren. Die EU verliert jede Glaubwürdigkeit, wenn Leute wie Salvini sie lächerlich machen dürfen.

In der Konsequenz bedeutet das: Entweder hält sich Italien an die Spielregeln. Oder es muss die Gemeinschaft verlassen. Darüber könnten die Italiener in einem Referendum abstimmen. Vielleicht schreckt das Beispiel Großbritanniens ab, vielleicht aber auch nicht. Die Gespräche zwischen London und Brüssel zeigen jedenfalls, dass die Dinge kompliziert, teuer und vermutlich von Nachteil für alle Beteiligten sind. Aber vielleicht möchte eine Mehrheit der Italiener das so. Es ist ihr gutes Recht. Allerdings darf diese Rückkehr zum Nationalismus nicht unter dem Schutzschirm von Euro und EU stattfinden.

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