Meinung Betrug mit System

Anfang der 1980er Jahre malte die deutsche Autoindustrie die Horrorvision ihres Untergangs an die Wand. Wenn der Dreiwege-Katalysator zur Abgasreinigung für alle Neuwagen Pflicht werde, breche die Nachfrage angesichts der hohen Kosten ein.

Massenentlassungen wegen eines überzogenen Umweltschutzes seien unumgänglich, jammerte die Branche. Wir wissen, dass es anders gekommen ist. Auf die Nachhaltigkeit ihres Handelns zu achten, haben die Autobauer damals leider nicht gelernt. Wie sehr die Unternehmen tricksen und betrügen, lernen wir allerdings erst in jüngster Zeit.

Dass die Autos im Durchschnitt 42 Prozent mehr Kraftstoff verbrauchen als angegeben, ist unfassbar. Offenkundig nutzen die Hersteller alle Möglichkeiten, um den Verbrauch im Labor zu senken. Das beginnt bei optimierten Reifen und hört bei abgeschalteten Klimaanlagen noch lange nicht auf. Wohlgemerkt: Das ist alles völlig legal. Es sind die Politiker aller Parteien, die der Industrie diese Schlupflöcher gewähren. Wie in Absurdistan: Die EU will den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) beim Autofahren reduzieren, unterlässt aber eine effiziente Kontrolle der vorgeschriebenen Abgaswerte. Den Schaden haben die Kunden, weil ihre Fahrzeuge mehr Sprit verbrauchen als zugesichert. Und die Umwelt, weil sie über Gebühr mit CO2 belastet wird.

Bis vor einem Jahr war der Ruf von Deutschlands Autobauern weltweit exzellent. Dann kam heraus, dass Volkswagen Stickoxidwerte manipuliert. Von Unrechtsbewusstsein ist in der Wolfsburger Konzernzentrale aber kaum etwas zu spüren. Und auch die Politik fasst die Branche weiter mit Samthandschuhen an. Ein fataler Irrtum. Die Arbeitsplätze in dieser für unser Land so wichtigen Industrie werden nur dann eine Zukunft haben, wenn die Autos umweltverträglich sind. Das Zeitalter der Verbrennungsmotoren läuft ab. Die Politik muss dafür den Rahmen setzen. Wie vor 30 Jahren beim Katalysator.

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