Meinung Ausweitung des Paragraf 28 - Ein Plan auf dünnem Eis

Meinung · Paragraf 28 wird ausgedehnt. Wem„konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann“, der soll künftig die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Wird sich die Maßnahme im Alltag bewähren?

 Olaf Kupfer.

Olaf Kupfer.

Foto: ja/Sergej Lepke

Bislang hat der Paragraf 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes geregelt, dass ein Deutscher mit Status Doppelstaatler die deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wenn er ohne offizielle Genehmigung „in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eintritt“. Jetzt wird das ausgedehnt: Auch jener wird künftig die Staatsbürgerschaft verlieren, dem „konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland nachgewiesen werden kann“.

Damit eines klar ist: Mit der Forderung des US-Präsidenten Donald Trump, Europas Staaten müssten ihre IS-Kämpfer aus Gefangenschaft zurücknehmen und vor heimische Gerichte stellen, hat dieses neue Vorhaben von Justiz- und Innenministerium nur indirekt zu tun. Denn es kann nicht rückwirkend gelten. Zu den mindestens 60 deutschen IS-Anhängern in Gefängnissen Nordsyriens, denen die deutsche Regierung bislang so zögerlich gegenüber tritt, wird man also auf diese Weise keinen Abstand bekommen. Und das ist auch gut so: Weil sich Deutschland nach den gegebenen Gesetzen verantwortlich zeigen muss, wenn es sich noch als moralisches Vorbild für ein zusammenwirkendes Europa begreift – und nicht den Tendenzen zunehmender Abschottung im Alleingang erliegt.

Trotzdem ist die neue Regelung aus gutem Grund gefasst, weil sie ein abschreckendes Signal in die Zukunft sendet: Dass sich niemand, der sich für Terrorismus im Ausland entscheidet, bei Rückkehr auf eine vermeintlich gemäßigte deutsche Justiz verlassen kann. Zum Beispiel. Dass er Rechte verliert, weil er den Rechtsstaat moralisch verlassen hat. Beweisen muss sich das aber im Alltag: Es steht zu befürchten, dass sich die Regelung wegen fehlender Beweisbarkeit und im Zweifel auch bewusst hergestellter Staatenlosigkeit in Luft auflöst.

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