Meinung : Asylkrise - Viele haben in den Abgrund geblickt
Von dem aberwitzigen Polit-Theater, mit dem CDU und CSU die Republik in Atem gehalten haben, bleibt eine Anmerkung in besonderer Erinnerung. Sie stammt von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. In der Vorstandssitzung der CDU am Montagmorgen meinte er, man stehe am Abgrund.
Wie wahr. In Schäubles Abgrund haben viele geblickt in diesen politisch so absurden Tagen.
Zuallererst Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer. Die Wut und der Frust über die vergangenen drei Jahre, in denen Merkel in der Flüchtlingspolitik an vielen Stellen standhaft geblieben ist, hat sich bei Seehofer Bahn gebrochen. In einer politisch wie persönlich indiskutablen Art, gipfelnd in dem Spruch, er lasse sich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die durch ihn erst Kanzlerin geworden sei. Dahinter verbirgt sich eine gehörige Portion Selbstherrlichkeit, die sich ein Verfassungsminister nicht erlauben kann. Und wenn die Union nicht in letzter Minute die Kurve im Asylstreit bekommen hätte — womöglich würden Seehofer und Merkel ohne Amt dastehen.
Was noch schlimmer ist: ohne Würde. Dass diese beiden vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen im Interesse des Landes, ist so wahrscheinlich wie Ostern und Weihnachten an einem Tag. Dieser persönliche Abgrund bleibt nach all den Verletzungen.