Angela Merkel bräuchte eine „Auszeit“

Der beste Rat, den die Bundeskanzlerin zuletzt erhalten hat, stammt vom Hausnarren der Republik, von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin. Er riet Angela Merkel, "sich mal im stillen Kämmerlein einzuschließen, zwei Tage ruhig nachzudenken und sich zu überlegen, was sie wirklich will".

Seit Wochen wirkt ihre Politik konfus und planlos, sie selbst gestresst und gehetzt. Es war die ungeschminkte Wahrheit und entgegen Sarrazins Art nicht einmal überzeichnet. Eine Klausur nach drei Wochen, ein neues Kabinett nach nur einem Monat: Überlegt oder sogar überlegen ist das nicht.

Das Problem ist: Merkel fehlen diese zwei Tage. In der Politik kann man schlecht "Auszeit" rufen. Bis Jahresende muss Merkel drei Minenfelder der Innenpolitik überstehen. Sie muss die Steuersenkungen durch den Bundesrat und die Personalie Steinbach innerhalb der Koalition durchbringen. Und drittens sollte sie - zumindest für sich selbst - den Afghanistan-Einsatz neu durchdenken.

Im Untersuchungsauschuss wird die Opposition nicht isoliert nur einen missglückten Luftangriff aufklären. Da steht vielmehr die gesamte Mission zur Diskussion und der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg vom ersten Tag an im politischen Zeugenstand.

Alle drei Probleme hätte Merkel voraussehen können. Dass auch CDU-Länderchefs sich an den Steuersenkungen störten und spätestens im Bundesrat in den Nahkampf übergehen würden, war bereits in den Koalitionsgesprächen deutlich geworden. Christian Wulff hat es ihr schon damals vorausgesagt.

Damals hätte Merkel auch schon auf eine Regelung darüber bestehen müssen, wie sich das Kabinett zu einer Nominierung von Frau Steinbach für den Beirat eines Vertriebenenzentrums verhalten sollte, über die sich Liberale und Christdemokraten jetzt streiten. In der schwarz-gelben Koalition brennt der Baum.

Nicht zu Ende gedacht, scheint auch Merkels Votum für die 32-jährige Kristina Köhler als neue Bundesfamilienministerin. Das ist kein Ressort zum Üben. Amtsvorgänger wie Heiner Geißler, Rita Süssmuth, Renate Schmidt oder Ursula von der Leyen waren alles, nur keine Leichtmatrosen. Vom ersten Tag an wird sich bei Kristina Köhler die Autoritätsfrage stellen.

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