Meinung Als Gewerkschaftschef ist Wendt nicht mehr haltbar

Die Fallhöhe eines Menschen des öffentlichen Interesses ist bekanntlich am extremsten, wenn dieser sich selbst als moralisch unantastbar präsentiert, bei jeder noch so kleinen Gelegenheit die Verfehlungen anderer lautstark anprangert — und schließlich selbst demaskiert wird.

Ein Kommentar von Andreas Reiter.

Ein Kommentar von Andreas Reiter.

Die Mauschelei mit der teilweise vom Land Nordrhein-Westfalen aus Steuergeldern subventionierten Freistellung des Gewerkschaftschefs ist nicht nur eine Frechheit, sondern in diesem Fall sehr wahrscheinlich auch rechtswidrig. Das werden die von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) angekündigten dienstrechtlichen Ermittlungen ergeben.

Die Dreistigkeit wiederum, mit der Wendt sich immer wieder aus der Affäre herauszureden versucht, ist abenteuerlich: Er habe die Zahlungen zunächst verschwiegen und gelogen, um Jäger zu schützen. Der hätte auf diesen fragwürdigen Schutz des Gewerkschaftschefs vermutlich gerne verzichtet. Der Minister sieht sich nun — passend zum Wahlkampf — mit heftigen Attacken seitens der Opposition konfrontiert. Als oberster Dienstherr ist Jäger für den Fall Wendt verantwortlich. Aber wie weit geht die Verantwortung gerechterweise wirklich? Im Jahr 2000 hatte Jägers Vor-Vorgänger Fritz Behrens (SPD) die Vereinbarung mit Wendt getroffen. Auch dessen Nachfolger Ingo Wolf (FDP) hat nicht daran gerüttelt. Die Causa Wendt ist Jäger buchstäblich unverschuldet vor die Füße gefallen. Die Suppe muss der Minister nun auslöffeln.

Derweil kann Wendt seiner persönlichen Meinung nach weiter an seinem Gewerkschaftsposten kleben. Dem Magazin „Spiegel“ hat er via Anwalt seine Einkünfte offengelegt — und damit die nächste Lüge selbst entlarvt. Wendt hatte behauptet, nicht mehr als andere Hauptkommissare zu bekommen. Das wären — je nach Familienstand — in der Besoldungstabelle Stufe 12 rund 4400 Euro Grundgehalt pro Monat. Damit schafft man es aber nicht auf 124 000 Euro Jahreseinkommen.

Vielleicht lebt Wendt in einer eigenen Welt. Er spricht vom großen Zuspruch des überwiegenden Teils der Kollegen und betont, Vorsitzender der DPolG bleiben zu wollen. Dass ihm gerade der Bundesvorstand der Gewerkschaft um die Ohren fliegt, scheint er nicht wahrzunehmen. Wendt kann nur mit einem schnellen Rücktritt einen Totalschaden vermeiden.

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