Meinung 180-Grad-Wende: Sigmar Gabriel ist der neue Genosse der Bosse

Meinung · Sigmar Gabriel wird in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank berufen. Seine alten Zitate fliegen ihm nun mit Recht um die Ohren. Wer nach dem Ausscheiden eine persönliche 180-Grad-Wende hinlegt, der hat Kritik verdient.

 Der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) soll Aufsichtsrat der Deutschen Bank werden.

Der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) soll Aufsichtsrat der Deutschen Bank werden.

Foto: dpa/Axel Heimken

Seine alten Zitate fliegen Sigmar Gabriel mit Recht um die Ohren. So warf er als Wirtschaftsminister der Deutschen Bank noch vor, das Spekulantentum „zum Geschäftsmodell“ gemacht zu haben. Oder sein Satz, die SPD dürfe sich nicht in die Vorstandsetagen zurückziehen. Sie müsse dahingehen, „wo es brodelt, da wo es manchmal riecht, gelegentlich auch stinkt“. Mit Blick auf sein künftiges Engagement bei dem angeschlagenen Geldhaus kann nun jeder diese Worte interpretieren, wie er will. Mitleid muss man mit dem früheren Vizekanzler aber keineswegs haben. Wer so in Amt und Würden redet und nach dem Ausscheiden eine persönliche 180-Grad-Wende hinlegt, der hat Kritik verdient.

Die Deutsche Bank holt Gabriel ja nicht in den Aufsichtsrat, weil er über reichhaltige Erfahrungen in der Finanzbranche verfügt oder viel vom Bankgeschäft versteht. Interessant sind seine politischen Kontakte, sein Adress- und Telefonbuch. Darauf kommt es der Deutschen Bank an. Ob das allerdings die massiven Probleme des Geldinstituts lösen wird, muss stark bezweifelt werden. Und wie Gabriel demnächst seine Posten bei der Bank, der Atlantikbrücke, der US-Denkfabrik Eurasia Group und sein Hobby als Nebenaußenminister und SPD-Motzki miteinander vereinbaren will, weiß vermutlich nur er selbst. Eigentlich geht das nicht.

 Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Foto: nn

Dass Gabriel sich an die viel zu knappe Karenzzeit für einen Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft gehalten hat und kein Einzelfall ist, macht die Sache nicht besser. Auch nicht für die Sozialdemokraten. Denn das neue Engagement des Ex-Parteichefs fällt auf die SPD zurück. Sie muss schließlich mit dem Vorwurf kämpfen, schon lange keine Arbeiterpartei mehr zu sein. Stimmt offenbar – die SPD hat nun den nächsten Genossen der Bosse in den eigenen Reihen.

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