Borussia Mönchengladbach Max Eberl: „Es gibt kein Thema Bayern“

Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl über eine Bilanz in der Winterpause, Angebote an Spieler Dominguez und vermeintliches Flirten mit dem Rekordmeister.

Max Eberl. Archivbild.

Max Eberl. Archivbild.

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Herr Eberl, ist Mönchengladbach nach dem Sieg gegen Mainz erlöst von allen Problemen?

Max Eberl:
Nein, es ist keine Erlösung. Natürlich tut ein Sieg gut, wenn Du acht Mal davor in der Bundesliga nicht gewonnen hast. Ich musste mich oft genug erklären, wenn wir gut gespielt, aber nicht gewonnen haben. Jetzt haben wir sehr gute Moral gezeigt. Das zählt.

Sie wollen im Winter Bilanz ziehen über eine bislang „bescheidene Hinrunde“, wie Sie sagten. Wann wird aus bescheiden passabel?

Eberl:
Wir hatten viele Spiele mit zu wenig Ertrag. 16 Punkte ist nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Niemand ist so realistisch wie wir, wir akzeptieren auch mal eine holprige Phase. Aber natürlich sind wir auch unzufrieden. Darüber werden wir in der Winterpause reden. Was können wir besser machen? Was können wir in der Mannschaft und drumherum verändern? Und zur Frage direkt: Wenn Du noch einmal ein Spiel gewinnen würdest, wäre es natürlich großartig. Aber es gibt von mir keine Vorgabe.

Gab es nie eine Vorgabe?


Eberl: Nein, von mir nie. Was soll das bringen? Fakt ist: Es ist ein Ergebnissport, jetzt müssen die Punkte her. Wir wollen aus den gefährlichen Regionen wegkommen und uns die Chance erhalten, mit einer Serie in unsere Einstelligkeit zu kommen. Aber: Nur mit Glück möchte ich nicht erfolgreich sein.

Überzeugt Sie denn die Spielweise?

Eberl: Zuhause haben wir bis auf das Spiel gegen Mainz aus meiner Sicht fast ausschließlich gute Spiele gehabt, ohne jedes Mal belohnt worden zu sein. Da wird vieles zu schlecht gesehen, da plädiere ich für mehr Objektivität. Auswärts haben wir definitiv Luft nach oben.

Was braucht es, um dauerhaft Ihre Rückendeckung zu genießen?

Eberl: Wenn ich grundsätzlich von etwas überzeugt bin, dass es den größtmöglichen Erfolg für Borussia Mönchengladbach verschafft, dann halte ich jedem die Stange und werde ihn stützen. Da geht es nicht um Personen. Dieser Club hat zuletzt märchenhafte Zeiten erlebt, jetzt müssen wir uns stabilisieren. Dass wir nach 15 Jahren Abstiegskampf nicht automatisch 15 Jahre Champions League spielen, war klar. Wir haben in den vergangenen vier Jahren Rückenwind bekommen, um jetzt auch immer mal wieder, wenn es bei uns perfekt läuft, eine Chance auf den internationalen Wettbewerb zu haben. Das ist das Hauptaugenmerk unserer Entscheidungen.

Hat Sie diese Hinrunde nicht selbst irritiert?

Eberl: Dass wir auswärts nicht punkten — das habe ich mir so nicht vorgestellt. Da müssen wir Konstanz reinbringen. Wir haben immer noch sehr viele junge Spieler, gerade in der Defensive. Bei uns entwickelt sich eine neue Hierarchie. Wir haben mit Dante, Xhaka und Stranzl drei tragende Persönlichkeiten in den letzten acht Jahren gehabt. Und wir hatten in der jüngeren Vergangenheit zusätzlich mit Brouwers, Nordtveit oder auch Dominguez weitere wichtige Spieler, die eine Mannschaft tragen können. Jetzt haben wir andere Typen. Hier wächst gerade eine neue Hierarchie mit Sommer, mit Stindl, mit Kramer, alles fantastische Menschen, die aber andere Typen sind. Es kommt natürlich erschwerend hinzu, wenn in einer sportlich schwierigen Phase auch noch Entwicklungen innerhalb einer Mannschaft vorangetrieben werden müssen.

Hätten Sie mehr Führungsspieler holen müssen?

Eberl: Das ist es doch nicht, diese Spieler wachsen nicht auf dem Baum. Herausragende Persönlichkeiten kannst Du fast nie sofort adäquat ersetzen. Das war auch nach dem Abschied von Reus, Neustädter und Dante so, als wir danach Achter wurden. Wir mussten danach einen Boden finden, um danach wieder einen Schritt nach vorne machen zu können. So ähnlich sehe es in dieser Saison, möchte aber nicht zu lange in Regionen sein, die ich auch nicht so toll finde.

Dante zum Beispiel hätten Sie damals doch zurück holen können.

Eberl:
Nein. Dante verdient zweieinhalb Mal so viel wie unser Topspieler Raffael. Das ist nicht darstellbar. Es geht ja nicht nur um Ablösesummen, sondern um die Frage: Können wir den Spieler bezahlen, wenn wir einmal nicht Europa spielen? Wir müssen uns jetzt fragen: Holen wir jetzt so einen „Typen“, oder finden wir einen, der die neue Hierarchie durch seinen sportlichen Wert noch weiter unterfüttern kann. Ein 19-jähriges Talent zu holen, würde jetzt wenig Sinn machen. Juan Arango ist ein gutes Beispiel: Der hat drei Sätze auf dem Platz gesprochen, war aber trotzdem Führungsspieler, den man immer anspielen konnte. So einen Mehrwert brauchen wir.

Wer bietet den?

Eberl: Ich habe da eine Idee. Er hat definitiv schon einige Spiele auf dem Buckel, wenn es klappen sollte. Wenn er da ist, können Sie genug schreiben, weil er eine ganz interessante Geschichte hat.

Und der spielt dann im Mittelfeld für Dahoud?

Eberl:
Warum?

Weil Dahoud vielleicht im Winter geht?

Eberl: Nein, sicher nicht im Winter. Im Sommer könnte das passieren, weil er dann nur noch ein Jahr Vertrag hat. Wir wollen aber immer noch mit ihm verlängern.

Stockt es gerade bei ihm?

Eberl: Er ist wieder auf einem guten Weg. Für mich ist es normal, dass ein 20 Jahre alter gehypter Spieler nach einer herausragenden Saison auch mal schlechte Phasen hat. Es läuft in der Mannschaft gerade nicht gut, er wird aber auch anders gesehen: Eine normale Leistung ist eben jetzt auch nur noch normal. Er selber will weiter, aber es geht eben nicht immer nach oben. Er hat auch berechtigt mal nicht gespielt. Aber wir haben ihn wieder hinbekommen.

Trainer Schubert stellt sich immer vor die Mannschaft. Ist das die richtige Gangart?

Eberl: Für Euch wäre es vielleicht besser, dass er auch mal ausflippt, aber wir haben intern einen kritischen Umgang mit der Situation, darauf können sich alle verlassen. Wir sind nicht kritikunfähig, aber wir besprechen das intern. Man muss vielleicht auch mal ein Zeichen setzen. Aber das Schlimmste für einen Trainer ist, wenn er die Mannschaft verliert. Dann hast Du keine Chance mehr, sie zurückzuholen.

Den Eindruck haben Sie aber nicht im Fall Schubert?

Eberl: Nein.

Haben Sie noch Kontakt zu Ex-Trainer Lucien Favre?

Eberl:
Nein, wir telefonieren nicht ständig. Ich habe ihm zum Geburtstag gratuliert und zu seiner Siegesserie. Er schaut noch aufmerksam auf Gladbach, das freut mich. Und wir schauen auf Nizza. Er macht es wieder einmal herausragend.

Was läuft in Gladbach eigentlich schief gerade?

Eberl: Wir haben uns von einer Kontermannschaft, die wir zunächst unter Favre waren, zu einer Ballbesitzmannschaft entwickelt. Das endete 2015 in der Perfektion mit unserem dritten Platz. Mehr ist nicht möglich im Konkurrenzfeld Bundesliga. Dann wollten wir den Ballbesitz weiter perfektionieren, der nicht mehr zu perfektionieren war. Lucien hat dann aufgehört. Und André hat dann Angriffspressing verordnet und die Mannschaft spielerisch entwickelt. Auch mit einer Dreierkette, die heute ganz viele Vereine spielen — und die sicher nicht zur Verwirrung beiträgt, wie uns immer wieder vorgeworfen wird. Jetzt gilt: Wir müssen wieder rein sachlichen Fußball spielen und stabil sein.

Da sind Sie sich einig mit Schubert?

Eberl: Ja, klar. Die Kreativität müssen wir wieder hinbekommen, wenn die Jungs wieder da sind. Wir haben Aufgaben im kommenden Jahr: Fürth im Pokal, Florenz in der Europa League, zusätzlich wollen wir auch unsere Probleme in der Liga lösen.

Reicht Ihnen tatsächlich die Einstelligkeit, oder ist noch mehr drin im Tagesgeschäft?

Eberl:
Ich weiß, dass ich dafür belächelt werde. Aber es ist realistisch. Wir haben eine interessante und spannende Mannschaft. Aber wir sind nicht allein auf der Welt. Wir haben vor fünf Jahren die Chance genutzt, die jetzt vielleicht zwei, drei andere Vereine nutzen. Schalke, Leverkusen und Wolfsburg schwächeln dafür, das sind vermeintlich Große. Das war auch in der vergangenen Saison so, als wir mit 55 Punkten in die Champions League eingezogen sind — das ist eigentlich Platz sechs. Wir haben diese Chancen in den letzten vier Jahren reihenweise genutzt. Wenn es dieses Jahr Platz acht wird, dann war es ein lehrreiches Jahr. Und wir haben im Sommer wieder eine Periode, wo wir uns weiterentwickeln können. Dann vielleicht auch mal mit einer Erneuerung und drei, vier oder fünf Verkäufen, um mal einen anderen Weg zu gehen.

Sie denken an einen Umbruch?

Eberl:
Diese Mannschaft hat in diesem Gerüst viel erlebt, trotzdem macht man sich Gedanken, wie es weitergeht. Andreas wird uns vielleicht verlassen, auch bei Mo besteht die Gefahr. Und es gibt weitere Spieler, die wenig gespielt haben. Dann haben wir die Chance, etwas Neues zu entwickeln. Und junge Spieler heranzuführen wie Laszlo Benes, der in der 2. Mannschaft tolle Spiele gemacht hat. Oder wie Mamadou Doucouré, der uns in der Defensive als Linksfuß schon helfen hätte können, wenn er nicht verletzt gewesen wäre. Aber jetzt geht es erst einmal um Stabilität.

Die hat Schubert schon einmal reingebracht, als er Favre seinerzeit ablöste.

Eberl: Das brauchen wir jetzt auch. Aber in der Phase, in der es bei uns anfing, unrund zu werden, haben uns wichtige Spieler gefehlt, die für Konstanz sorgen: Neben den Langzeitverletzten Alvaro und Josip Spieler wie Raffael, Hazard, Traoré, Johnson, Strobl - das sind für uns zu viele. Es ist eben nicht der eine Grund, es sind viele Kleinigkeiten, die zu dem führen, was man gerade hat. Und dann muss man nicht sagen: Diesen Trainer oder jenen Spieler schmeiße ich raus, um ein Zeichen zu setzen. Wir überlegen: Was ist passiert? Wir setzen alles auf den Prüfstand. Und natürlich muss man auch irgendwann eine Tendenz durchbrechen. Augsburg wird das bringen, was wir verlangen. Wir müssen uns jetzt wehren.

Müssen Sie sich auch gegen die Vorwürfe wehren, die Alvaro Dominguez macht, wenn er dem Verein Verantwortung für seine Invalidität zuschiebt?


Eberl: Das Thema ist ärgerlich. Ich habe ein bisschen Verständnis für ihn, weil es ein Schicksalsschlag ist, mit 27 invalide zu sein. Ich habe oft mit ihm zusammengesessen und ihm gesagt: Alvaro, wir werden dir helfen und da sein. Wir hatten ihm als Sicherheit sogar eine Vertragsverlängerung im Sommer 2016 angeboten. Den Rest bespreche ich jetzt mit ihm und hoffe, dass wir ihm helfen können.

Es bleibt das Thema Bayern. Ist es für Sie eines, Herr Eberl?

Eberl:
Es gibt kein Thema Bayern. Fragt die Medien, die das aufgebracht haben, aber fragt nicht Max Eberl, weil es dieses Thema nicht gibt. Ich weiß, dass die nächste Frage dann lautet: Dann sag doch absolut, dass Du bleibst! Aber ich muss keine absoluten Aussagen tätigen. Ich habe Vertrag bis 2020 ohne Ausstiegsklausel. Ich fühle mich im Club wohl und habe einen großen Stellenwert. Ich wünschte, damit ist es jetzt auch mal gut.

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