Ballettchef Demis Volpi zeigt Klassiker „Krabat“ Packende Bilder, atmosphärisch dicht

DÜSSELDORF · Die schwarze Mühle am süddeutschen Koselbruch dominiert das gespenstische Bild: 1500 Mehlsäcke stapeln sich bis unter die Decke. Immer wieder schultern zwölf Lehrlinge neue Säcke, schütteln sie und legen sie an Ort und Stelle.

Miquel Martínez Pedro (Krabat) in Aktion.

Miquel Martínez Pedro (Krabat) in Aktion.

Foto: Ingo Schäfer

Und werden vom Mühlenmeister in schwarze Zauberwelten eingeführt. Märchen erzählen – das will und kann Demis Volpi. Atmosphärisch dicht, mit viel Gespür für jugendliche Empfindsamkeit und meist mit fantasievollen Bühnenbildern. Das zeigt sich erneut beim Ballett „Krabat“, das der Chefchoreograf des Balletts am Rhein nun im gut besuchten Düsseldorfer Opernhaus präsentierte. Ganz nah an Otfried Preußlers gleichnamigem Jugendbuch kreierte Volpi das abendfüllende Handlungsballett (von knapp drei Stunden!) schon 2013 für das Stuttgarter Ballett. Es wurde damals mit dem Deutschen Tanzpreis „Zukunft“ belohnt. Volpi schuf damit einen Kassenschlager für Stuttgart.

Vermutlich wird das ähnlich auch in Düsseldorf sein. Denn das jugendfreie Ballett über den Sieg der Liebe zwischen Mühlengeselle Krabat und seiner Kantorka über die finsteren Zaubermächte des einäugigen Meisters richtet sich an die ganze Familie. Zumal neben ausdrucksstarken Tänzer-Darstellern besonders das spektakuläre Bühnenbild von Katharina Schlipf so hervorsticht, dass man es auch am nächsten Tag noch im Kopf hat. Außerdem zeigt Volpi eine sichere Hand bei der Auswahl der Musikstücke.

Der Clou: Für die Szenen, in denen die Müllerburschen unter den knechtenden Befehlen sich schinden herrscht ein rhythmisches Klappern, Dröhnen und Hämmern. Immer wieder. Unaufhörlich. Aufgenommen wurde diese „Mühlenmusik“ von Christoph Kirschfink. Er schafft mit diesem authentischen Sound eine bedrohliche Klangkulisse, die unter die Haut geht.

Suggestiv ebenso diverse Ausschnitte aus Werken von Peteris Vasks, Krzysztof Penderecki und dahinschwirrende Sätze aus Philip Glass‘ Konzerten (Meisterwerke der Minimalmusic) – intoniert von Streichern der Düsseldorfer Symphoniker. Sie untermalen Fantasy-Märchenszenen, in denen die Lehrlinge sich in Raben verwandeln.

Schwarzes Gefieder streifen sie über, sobald sie der Meister in die Geheimnisse Schwarzer Magie einführt. Doch dafür fordert der allmächtige ‚Herr Gevatter‘ vom Meister regelmäßig einen Gesellen. Märchengerecht schwebt dieser Bote aus dem Jenseits herein – in Trippelschritten, getanzt von einer Frau in rötlich glitzerndem Abendkleid (Lara Delfino). Packende Bilder entstehen, wenn sie dem Meister einen Sack hinwirft.

Volpis Choreografie führt die Emotionen der Protagonisten plastisch vor Augen: Wenn Angst und Panik sich unter den Mühlenjungen breitmachen und auch Krabat erfassen, der stets versucht, sich aus den Fängen des Meisters loszureißen. In eine helle glückliche Welt führt dagegen der Choral mit Sopransolo „Die Gedanken sind frei“. Eine Frauengruppe in wallenden grünlichen Gewändern gleitet durch eine grüne Landschaft. Deren Anführerin ist Krabats Freundin, „Die Kantorka“. Und wie es sich für Märchen gehört, wird ihre Liebe zu Krabat die böse Welt des Meisters besiegen, ihn am Ende sogar vernichten. Ganz schön anzuschauen ist der grazile, schwebende Liebes-Pas-de-deux der beiden, die nach einigen Mühen vereint sind.

Choreografisch bietet Volpis Arbeit von 2013 nicht mehr als bekannte, solide Bewegungsmuster der traditionellen Handlungs- und Märchenballette. Eine neue, zündende Idee ist hier nicht zu erkennen. Das Premierenpublikum reagierte indes begeistert.

Zahlreiche Vorstellungen im November und Dezember.
Tel: 0211/ 8925 211.

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