Unter dem Sternenhimmel: Louvre Abu Dhabi
Die Emirate lassen sich vom Franzosen Jean Nouvel das erste globale Museum bauen und verfolgen damit auch ein neues Erziehungskonzept.
Abu Dhabi. Die knappe Milliarde Euro, die die Scheichs bis 2037 dem Louvre und den zwölf beteiligten französischen Museen für Leihgaben und Dienstleistungen zahlen, ist eine stolze Summe. Viele europäische Museumschefs haben dagegen gewettert, weil Paris damit seinen Kulturetat entlaste und den Emiraten lediglich eine Importware bringen würde. Was aber steckt dahinter? Wir schauten uns im spektakulären Bau des französischen Stararchitekten Jean Nouvel in Abu Dhabi um und sprachen mit dem Staatsminister Zaki Anwar Nusseibeh. Dabei stellte sich heraus, dass dieser Luxusbau ein völlig neues Konzept im Ausstellungswesen bedeutet. Außerdem ist dieser Louvre der Vereinigten Arabischen Emirate ein Zeichen für einen pädagogischen Eifer, wie er im alten Europa, speziell in Deutschland, längst verloren gegangen ist.
Die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf bemüht sich gerade um ein „Museum global“, in Abu Dhabi ist es längst Wirklichkeit geworden. Die Scheichs betonen das vergleichende Sehen zwischen den Kulturen der Welt, dem die Kunstsammlung im Herbst nacheifern wird. Für den Louvre Abu Dhabi heißt dies: Ein transportables Tempelchen aus Ozeanien, ein Reliquiar aus Limoges und ein Objekt aus einer italienischen Basilika können von denselben Formprinzipien ausgehen. Totenmasken aus Nordchina, Libanon und Peru in eigens hergestellten Glasvitrinen revidieren das Vorurteil, Europa sei in der Kultur der Nabel der Welt, denn aus Peru kommt eine fast schon moderne Abstraktion, während die goldene Maske aus Nordchina wie im Zoom vor und zurückzuspringen scheint.
Solche Vergleiche gibt es von Raum zu Raum unter dem fantastischen Dach, das der französische Pritzker-Preisträger über die 55 weißen Boxen gespannt hat, mit Blick auf immer wieder neue künstliche Seen. Sie machen diese Dauerausstellung zu einem spannenden Erlebnis.
Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan, Gründer der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE)
Das zweite ist das Bildungskonzept für die Staatengemeinschaft, also für die eigenen Leute. Nusseibeh, Staatsminister in der Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate, Kenner von Leipzig und Bayreuth, ist stolz auf das neue Universalmuseum. Man habe sich auch Kulturinstitute in London, Petersburg und Berlin angeschaut, den Zuschlag aber Paris gegeben, um mit allen französischen Häusern vom Centre Pompidou bis zum d’Orsay zu kooperieren. Er sagt: „Wir baten sie, uns mit ihren Expertisen und Erfahrungen zu helfen. Wir schämten uns nicht, sie zu bitten, unsere jungen Männer und Frauen auszubilden, um ihr Wissen zu bekommen. Wir arbeiten aber nicht nur mit der Sorbonne, sondern auch mit New York zusammen. Die Ausbildung besteht aus Vorlesungen, Kursen und Workshops.“ Das Museum also als Bildungszentrum.
Der Louvre Abu Dhabi präsentiert Exponate aus allen Gegenden und aus allen Epochen, von der Antike bis zur Gegenwart, vom Buddha-Kopf zur Hindu-Göttin, von Bellinis Madonna zu Houdons Porträtbüste des lachenden, gottlosen Voltaire. Sogar entblößte Brüste und nackte Gesäßteile sind zu sehen. Damit demonstrieren die Vereinigten Arabischen Emirate zugleich ihre Offenheit. Leider gebe es aber auch Ideologen, die die Welt auseinanderdividieren wollen, so Nusseibeh, der auf diese Weise den Pauschalverdacht des religiösen Fanatismus abwehrt, unter dem alle Golfstaaten seit der Islamischen Revolution stehen.