Umgang mit der AfD Textsammlung: Nun sag’, wie hast Du’s mit der AfD?
In der Textsammlung „AfD - Bekämpfen oder ignorieren?“ beschreiben Politiker und Prominente ihre Gedanken zum Umgang mit der AfD.
Düsseldorf. Auseinandersetzen oder ignorieren? Bekämpfen, stellen — oder doch nicht ernst nehmen? Das ist das Feld der Handlungsoptionen im Umgang mit der Alternative für Deutschland (AfD), die eine „Alternative von Deutschland“ sei, wie Anton Hofreiter, Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion, es formuliert. Formulieren darf. In einem neuen Band, der im Kellner-Verlag unter dem Titel „AfD - bekämpfen oder ignorieren“ erschienen ist. Hofreiter ist einer von 14 Gastautoren, allesamt „Demokraten“, die sich Gedanken über Entstehung von und politische Auseinandersetzung mit der rechtspopulistischen Partei gemacht haben.
Hofreiter will die AfD „lieber ernst nehmen“ als darauf zu hoffen, dass die Partei „an ihren inneren Spaltungs- und Spannungslinien zerbricht“. Immerhin zeige der europäische Vergleich, dass Rechtspopulisten sich etablieren können. „Deutschland war bisher nicht die Regel, sondern Ausnahme“, befindet Hofreiter und hat zwei Gründe für das Erstarken der Partei identifiziert. Erstens: 5,6 Prozent der deutschen Bevölkerung hätten ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild, 18,1 Prozent seien ausländerfeindlich. Zweitens unterstützten die AfD jene, die Angst haben „vor dem eigenen Abstieg und Wut verspüren gegenüber den Umständen oder den politischen Verhältnissen und etablierten Parteien“. Diese Wut kanalisieren sie (durch die AfD) in die Ausgrenzung „von anderen: Flüchtlinge, Muslime oder Ausländer“.
Auch deshalb, so schließt Hofreiter, werde die AfD nicht verschwinden, wenn sich die flüchtlingspolitische Debatte beruhige. Seine Empfehlung: Die AfD stellen, die politische Debatte auf der Grundlage der Würde des Menschen schützen, Alternativen anbieten, den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft sichern und „mutig statt wütend“ für neue Strukturen werben, statt destruktiv zu sein.
Eine Haltung, die fast demokratischer Konsens ist — und dem Leser im Buch oft begegnet — eine echte Schwäche der Textsammlung, die bisweilen zu viel fühlt und zu wenig analysiert. Es gibt aber immerhin unterschiedliche Blickwinkel: Während der CDU-Europapolitiker Elmar Brok von der einst siebenköpfigen AfD-Vertretung in Brüssel ein verheerendes Bild von Zerrüttung zeichnet, begründet er die Kooperationsversuche der verbliebenen AfD-Europa-Abgeordneten Markus Pretzell und Beatrix von Storch mit ihren europäischen Partnern damit, man wolle sich deren professionelle Erfahrung im Umgang mit politischen Gegnern, Öffentlichkeit und Medien auch im Hinblick auf Wahlkampagnen zunutze machen.
Manfred Güllner, Gründer des Meinungsforschungsinstituts Forsa, wirft der Öffentlichkeit vor, die AfD in der Anfangszeit samt ihrer Leitfigur Bernd Lucke unterschätzt zu haben. Sie sei eben nicht nur eine Gruppe währungspolitisch besorgter Bürger gewesen, sondern sehr bewusst zum Sammelbecken eines radikalisierten Teils der deutschen Mittelschicht geworden. Güllner macht auch deutlich, dass die AfD-Wahlerfolge in den Ländern auch einer großen Zahl von Nichtwählern zu verdanken habe — und eben nicht über ein festes Wählerpotenzial verfüge, das jederzeit zu mobilisieren sei. „Das zeigt allein ein Blick auf die sehr stark schwankenden Umfragewerte.“
Die Hamburger FDP-Politikerin Katja Suding will AfD-Wählern und allen Wahlberechtigten zeigen, dass „in diesem Lager oftmals wenig politischer Sachverstand und keinerlei Substanz versammelt ist“. Die FDP-Politikerin meint, dass die AfD-Mitglieder in den Landesparlamenten „bisher keine konstruktiv arbeitenden Teilnehmer des politischen Prozesses geworden sind, sondern die Arbeit verweigern, andere Abgeordnete bepöbeln oder Anträge schamlos abkupfern“.
Entgegenkommen in der Auseinandersetzung hält auch SPD-Politiker Ralf Stegner für ungeeignet. Er warnt vor Koalitionen mit der AfD: „Wer mit in den Misthaufen greift, riecht auch danach — und darf sich nicht wundern, wenn dann auch das Vertrauen der verbliebenen Wähler wegbricht.“ Der frühere SPD-Chef Franz Müntefering glaubt nicht, dass sich die AfD im Parteiensystem halten kann. „Sie ist Episode.“
Während Charlotte Knobloch als ehemalige Leiterin des Zentralrats der Juden in Deutschland vor allem die antisemitischen Tendenzen in der AfD betont, versucht Armin Laschet, CDU-Landeschef und Spitzenkandidat in NRW, AfD-Wähler zurück ins demokratische Spektrum zu holen. Politik und Medien müssten notwendige Entscheidungen den Menschen klarer verständlich machen. Viele der mit der Euro-Rettungspolitik oder der Flüchtlingskrise zusammenhängenden politischen Entscheidungen hätten großer Eile bedurft. „Umso schwieriger ist es für einige Menschen gewesen, diese Schritte gedanklich mitzugehen. Profiteure dieser Entwicklung sind die Rechtspopulisten.“