Kultur Rückblick auf den Ausstellungsmacher Cladders

Vor 50 Jahren wurde das städtische Museum in Mönchengladbach zur Wiege der Avantgarde.

Kultur: Rückblick auf den Ausstellungsmacher Cladders
Foto: Archiv, Museum Abteiberg

Mönchengladbach. „Von hier aus“ hieß 1984 die legendäre Ausstellung von Kasper König in den Düsseldorfer Messehallen, die die wichtigsten Künstler der Region vereinte. Angekauft wurde jedoch nichts. Das Museum Abteiberg erweist sich als schlauer. Es kontert mit dem Titel „Von da an“, lässt die Glanzzeit von Johannes Cladders Revue passieren und präsentiert all die wegweisenden Ankäufe von Minimal Art bis Zero und Op Art, von Fluxus bis Arte Povera. Eröffnet wird dieser Rückblick auf die Zeit eines der einflussreichsten deutschen Ausstellungsmacher am Mittwoch, 19 Uhr, im alten Museum an der Bismarckstraße. Genau vor 50 Jahren hatte Cladders dort seine Tätigkeit aufgenommen. Die Erwerbungen selbst werden im Abteiberg gezeigt.

Ein Rückblick auf die Avantgarde muss mit Busso Diekamp beginnen, dem kunstaffinen Kulturdezernenten und Stadtdirektor. Er übernahm 1964 das Amt und holte im Juni 1967 Cladders ans Haus, der zehn Jahre lang bei Paul Wember in Krefeld als wissenschaftlicher Mitarbeiter die junge Kunst schätzen gelernt hatte. Cladders (1924-2009) kaufte stets aus den Wechselausstellungen wichtige Werke der damaligen Zeit an. Kulturausschuss, Stadtdirektor und Museumschef arbeiteten zusammen. Die Entscheidungen wurden unbürokratisch getroffen.

Den Auftakt machte 1967 Joseph Beuys, der ganz im Sinne von Cladders den Betrieb als Anti-Museum auffasste und die Gattungsgrenzen sprengte. Dazu kam anstelle eines Katalogs die erste der berühmten Karton-Schachteln heraus, in denen Beuys eine Filzecke legte. Robert Filliou und Georges Brecht nahmen eine Streichholzschachtel mit dem lächelnden Häkchen („Cédille“) zur Hand; Hilla und Bernd Becher legten gar Originalfotos ins Kästchen.

Gerhard Richter bestückte die Villa mit 74 grauen Bildern zum Zeichen der Verweigerung. Stanley Brown, der im Mai verstorbene Konzeptkünstler, zeigte fast nichts, ging es ihm doch um die Bewusstseinserweiterung in der politisch bewegten Zeit.

Wie einst unter Cladders klebt Daniel Buren heute unter Susanne Titz seine berühmten Streifen von 1975 ins Treppenhaus. Das war ursprünglich gar nicht geplant. Als sich jedoch herausstellte, dass das Gebäude Bismarckstraße leer stand, weil es statisch ertüchtigt werden musste, griff Titz zu. Sie erweist sich als ähnlich clever wie ihr Vorvorgänger. Unter ihrer Ägide wurde der Abteiberg zum „Museum des Jahres“.

Gefeiert wird am Mittwoch im Museumsgarten. Wer will, kann natürlich auch die Räume in den beiden Obergeschossen besichtigen. Und einige Gehminuten von der Bismarckstraße entfernt liegt das Museum Abteiberg, wo die wichtigsten Ankäufe von Cladders zu besichtigen sind.

Gleichzeitig forscht Susanne Rennert über die Mönchengladbacher Ausstellungsgeschichte 1967 bis 1978. Vier Jahre später, 1982, eröffnete Hans Hollein den Neubau.

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