Theaterfreunde Kultur ist Teil der Bildung und bedeutsam für die Wirtschaft

Peter Vaupel, Vorsitzender der Theaterfreunde Wuppertal, über die Aufgaben seines Vereins in der Coronakrise.

 Das Opernhaus in Barmen ist seit  November verwaist.

Das Opernhaus in Barmen ist seit  November verwaist.

Foto: Wuppertaler Bühnen/Frank Elschner

„Durch Corona verschoben, abgesagt, ersatzlos gestrichen“, fasst Peter Vaupel nüchtern  zusammen. Der Rückblick des Vorsitzenden der Freunde der Wuppertaler Bühnen und des Sinfonieorchesters Wuppertal (kurz Theaterfreunde Wuppertal) auf das erste Pandemie-Jahr fällt trostlos aus. Er bemängelt vor allem die fehlende  Planungssicherheit, hätte sich ein differenziertes Vorgehen gewünscht. Und keinen zweiten Lockdown, der wider Untersuchungsergebnissen und ausgebliebenen Ansteckungen, wider ausgefeilten Hygieneschutzkonzepten und erarbeiteten Inszenierungen verhängt wurde. Seither bleiern auf allen und allem lastet „Wir hoffen, dass wir wengistens in der zweiten Jahreshälfte 2021, natürlich mit Schutzmaßnahmen, wieder vor Publikum spielen können“, schätzt er und fordert eine Öffnungsstrategie.

Die Zahlen (Quelle: Statista) sind beeindruckend:  20,35 Millionen Besucher zählten öffentlich betriebene Theater in Deutschland  im Jahr  2019. 809 Theaterspielstätten gibt es und 128 Orchester (selbstständige und in Theater integrierte sowie Rundfunkorchester). 2,22 Milliarden Euro wurden durch Theater- und Konzertveranstalter umgesetzt.  „Wer möchte schon in Wuppertal leben, wenn nach Feierabend alles geschlossen ist?“, fragt Vaupel und stellt sich gegen diejenigen, die  meinen, die Stilllegung durch die Corona-Krise zeige, dass man gut auf kulturelle Veranstaltungen verzichten könne.

Er hält im Gegenteil die finanzielle Unterstützung  gerade jetzt für essenziell.  Dabei ist die wirtschaftliche Bedeutung der Kultur nur die eine Seite der Medaille. Die andere heißt Bildung. Kultur dürfe nicht nur als Freizeit angesehen werden, sondern als Bildungsteil und Wirtschaftskraft, sagt Vaupel bestimmt.

Nach der Pandemie-Eindämmung müsse man unbedingt rasch wieder zum normalen Theaterleben zurückkehren. Wozu   in Wuppertal auch die Finanzierungssicherung gehört. Auf keinen Fall, so Vaupel,  dürfe die Spartendiskussion wiederbelebt werden, die 2010 die Existenz in Frage stellte. Der städtische Betriebskostenzuschuss 2021/22 sei gesichert, der für 2022/23 müsse angehoben werden, „zumindest um die Beträge, die durch Tariferhöhungen entstehen. Der Deckel muss weg.“

Im Gegenteil gelte es, im abgemagerten Backstagebereich der Bühnen mehr Geld in Personal zu investieren. Derzeit komme so manche Veranstaltung nicht zustande, weil die Technikmitarbeiter fehlen.   Die Theaterfreunde wollen dehalb für sechs Monate in der Spielzeit 2021/22 einen Regieassistenten finanzieren. Außerdem gelte es, die Zukunft der Bühnen   zu sichern, indem mehr jüngeres Publikum gewonnen werde. Dass aktuell wieder drei Vollzeitkräfte umfassende Education-Team müsse unterstützt werden.  

Abgemagerten Backstagebereich finanziell unterstützen

Dabei sind die Theaterfreunde selbst coronageschädigt. Der Theaterball fand bislang nur einmal statt, wurde 2020 und 2021 gecancelt – „wir hatten Wunderbares vor, wollen ihn, sobald wir dürfen, wieder veranstalten“. Alle Aktivitäten, darunter alle acht geplanten Veranstaltungen, wurden auf Null runtergefahren. Noch im Dezember wollte man bei einer Mitgliederversammlung die neuen Künstler vorstellen, der Lockdown fuhr dazwischen. Nun tagt der  Vorstand nur virtuell, plant Vaupel  ein Gespräch mit dem designierten Generalmusikdirektor Patrick Hahn, den er in einem Mitgliederbrief abdrucken will – um die Theaterfreunde  wenigstens etwas bei Laune zu halten. Dabei sollte der junge Shootingstar am Dirigentenpult, der Ende 2019 für die Nachfolge von Julia Jones ab Mitte 2021 bestimmt worden war, in der laufenden Spielzeit eingeführt werden. „Das hatten wir uns anders vorgestellt“, ist Vaupel enttäuscht.

Bleibt der Blick nach vorn: Die künstlerische Seite laufe gut, Hahn sei ein Magnet, Schauspielchef Thomas  Braus habe als einer von wenigen Intendanten in der Krise sämtliche zuvor angesetzten Stücke  fertiggestellt – wenn auch auf Halde. Oder als Streamingangebot im Netz, was zwar die digital Natives anspreche, aber das Vororterlebnis nicht ersetze. Entweder es gelinge der Kunst, nach einer Anlaufzeit mit Topleistungen die  alten Zahlen zu erreichen oder das Theater werde sich auf Dauer verändern, meint Vaupel. Da  seien die Theaterfreunde gefragt, „um die Leute wachzurütteln.“ Etwa durch Marketingmaßnahmen, damit spätestens 2022/23 die alte Dynamik wieder erreicht sei.

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