Paul Kuhn: Der Jazz war seine große Liebe

Er war der „Mann am Klavier“ oder „Paulchen“. Als Virtuose brachte Paul Kuhn Schwung in die Unterhaltung der Nachkriegszeit.

Berlin. „Paulchen“ Kuhn war schon zu Lebzeiten eine deutsche Swinglegende. Er verkörperte ein gutes Stück Fernsehunterhaltung und Showgeschichte der alten Bundesrepublik. In der Nachkriegszeit machte er seinen Landsleuten musikalisch Beine.

Jetzt ist Paul Kuhn im Alter von 85 Jahren gestorben. Als virtuoser „Mann am Klavier“ und Jazzmusiker aus Leidenschaft und später auch als begnadeter Entertainer machte Kuhn schnell Furore. Der Mann mit dem zerknautschten Gesicht, dem müden Blick und den Tränensäcken brachte einen gehörigen Schuss Ironie in Musikshows und machte den Swing nach dem Krieg in Deutschland populär.

Sein Weg führte ihn vom US-Soldatensender AFN in die Unterhaltungsshows wie „Pauls Party“, ab 1968 sogar als Big-Band-Leader des damaligen Senders Freies Berlin (SFB) mit zahlreichen Schallplattenaufnahmen.

„Es war eine tolle Zeit“, erinnerte sich Kuhn später immer wieder gern. „Wir haben zwar überwiegend Unterhaltungsmusik gespielt, aber wenn wir mit dem Jazz loslegten, waren sogar die Amis begeistert und meinten: ,Ihr seid eine richtige Band. Was will man mehr’.“

Auch als Sänger von Stimmungsliedern („Es gibt kein Bier auf Hawaii“) mit markant-sonorer Stimme wurde Kuhn bald populär. Er gastierte mit seiner Band im In- und Ausland von der Londoner Royal Festival Hall bis zu den Wiener Festwochen. In den frühen 50er Jahren war Kuhn Mitglied bei den „German All Stars“, wo sich später auch Max Greger und James Last ihre ersten Sporen verdienten.

Vor allem die Berliner schlossen Kuhn schnell in ihr Herz — obwohl er eigentlich Hesse war („Mir ham’se in Wiesbaden jroßjezogen“). Berlin sah ihn stolz als Exportartikel an, vergleichbar mit seinem Kollegen und Weggenossen Harald Juhnke. Mit ihm bestritt Kuhn Tourneen — mit allen Juhnke-typischen Kapriolen, die „Paulchen“ dem verdutzten oder auch verärgerten Publikum erklären musste („Er hat Zahnschmerzen, er kommt nicht“).

Für Kuhn war es denn auch selbstverständlich, dass er, selbst gesundheitlich schon angeschlagen, bei der Trauerfeier für Juhnke 2005 in der Berliner Gedächtniskirche seinem Freund dessen Lieblingslied noch einmal auf dem Klavier spielte (Sinatras „My Way“).

Noch im Frühjahr 2011 gab der in der Schweiz lebende Paul Kuhn sein spätes Spielfilmdebüt als Hauptdarsteller in der Altenkomödie „Schenk mir dein Herz“ mit Paulchen als lebensbejahendem Patienten einer Reha-Klinik. In einem Interview sagte er dazu: „Ich höre schlecht, sehe nicht mehr sehr gut, aber sonst geht es mir eigentlich ganz gut.“ Älterwerden sei eigentlich „ein bisschen scheiße“, denn „es wird immer weniger, was man kann “.

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