Kultur Noel Gallagher in Düsseldorf: Der Geist von Oasis ist noch lebendig

Das zeigt sich beim Konzert von „Noel Gallagher’s High Flying Birds“ in Düsseldorf. Die Band liefert hausgemachten Rock vom Feinsten.

Noel Gallagher ist sich musikalisch treu geblieben, hat sich mit seinen „High Flying Birds“ aber weiterentwickelt. Archivbild.

Noel Gallagher ist sich musikalisch treu geblieben, hat sich mit seinen „High Flying Birds“ aber weiterentwickelt. Archivbild.

Foto: Axel Heimken

Düsseldorf. Es gibt Menschen, die dem aufmerksamen Beobachter Rätsel aufgeben in ihrer Fähigkeit, augenscheinlich nicht zu altern. Ex-Oasis-Leadgitarrist Noel Gallagher ist einer von ihnen. „Wo sind nur die Jahre geblieben?“, fragt sich wohl mancher Konzertbesucher, als der Sänger mit der charakteristischen Pilzfrisur am Montagabend mit seiner Band „Noel Gallagher’s High Flying Birds“ die Mitsubishi-Halle in Düsseldorf rockt. Gewohnt puristisch in Jeans und schwarzem Pullover gewandet und mit einer Gitarre unterm Arm — so präsentiert sich Gallagher den Fans und liefert auf den Punkt das, was er am besten kann: schnörkellosen, ehrlichen Rock’n’Roll.

Und ob Gallagher es gefällt oder nicht — selbst neun Jahre nach der Auflösung von Oasis ist die „beste Band der Welt nach den Beatles“, wie sich die Kombo um die ewig zerstrittenen Gebrüder Noel und Liam Gallagher in den 90er-Jahren bescheiden selbst nannte, immer noch allgegenwärtig. Etliche Fans sind in Oasis-Shirts gekommen. Einige von ihnen haben sich in ihrem Gebaren ebenfalls nicht maßgeblich verändert und tun sporadisch mit lauten Zwischenrufen ihre Begeisterung kund. Verhalten lächelnd nuschelt Gallagher dann in schönstem Manchester Working-Class-Slang etwas von „fuckin’“ in das Mikro und die Welt scheint für einen Moment in Ordnung. Ausverkauft ist das Konzert nicht — fast 2800 Tickets sind nach Angaben des Veranstalters für den Gig in Düsseldorf verkauft worden. Wer hier ist, ist aus Liebe gekommen.

Dabei verdienen Noels hochfliegende Vögel durchaus eine differenzierte musikalische Betrachtung, denn mit Oasis gleichzusetzen ist die Band keineswegs. Mit einem melancholischen Grundrauschen und kraftvollen Riffs kommt die Single-Auskopplung „If I Had A Gun“ live daher, bei der das Publikum textsicher mitsingt.

Direkt in die Beine geht „Holy Mountain“, ein tempogeladener Gute-Laune-Song mit dynamischem Rhythmus und eingängigem Refrain mit Ohrwurmgefahr. Die ersten Reihen im Publikum hüpfen.

Trug Noel Gallagher die Zerwürfnisse mit seinem Bruder früher gern öffentlich aus, fällt heute auf, wie respektvoll und wertschätzend er mit seiner Band umgeht. „Es hat lange genug gedauert, bis Mädels bei uns dabei waren“, sagt er an seine Background-Sängerinnen gewandt, die er einzeln vorstellt und höflich um Applaus bittet. Ein gereifter Gallagher steht da auf der Bühne, der sich nach den kommerziell erfolgreichen, aber konfliktbeladenen Jahren von Oasis endlich einmal auf das Wesentliche konzentriert: die Musik.

Dennoch vergisst er die Oasis-Fans an diesem Abend nicht, zumal er immer wieder mit Songwünschen aus dem Publikum konfrontiert wird. Einige davon erfüllt er. So herrscht in der Halle nostalgische Verzückung, als die ersten Takte von „Half The World Away“ erklingen — erstmals 1994 veröffentlicht, verbargen Oasis die gefühlvolle Akustik-Nummer als B-Seite auf der Single „Whatever“. Fast ausschließlich vom Publikum gesungen wird schließlich die inoffizielle Oasis-Hymne „Don’t Look Back In Anger“, bei dessen Ankündigung Gallagher es sich nicht nehmen lässt, das Publikum auf die Schippe zu nehmen. Mit gespieltem Pathos haucht er: „Ich werde jetzt einen Oasis-Song für euch singen, den ich schon sehr lange nicht mehr performt habe. Mindestens 24 Stunden nicht.“ Düsseldorf verzeiht es ihm — und lässt Sally textgetreu in einem stimmgewaltigen Chor gemeinsam warten.

Ein Bonbon für die Fans gibt es am Ende, wo Gallagher sich eine Hommage an die Beatles leistet und mit „All You Need Is Love“ einen facettenreichen Konzertabend beschließt.

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