Neuer Chef für das Museum Folkwang
Peter Gorschlüter kehrt ins Rheinland zurück. Wie Karl Ernst Osthaus will er das Publikum in die Kunst einbeziehen.
Essen. Karl Ernst Osthaus (1874-1921) war ein Pionier in der Vision, dass Kunst und Kultur das Leben positiv beeinflussen sollen. Aus seinen Ideen ging das Folkwang-Museum in Hagen, der Deutsche Werkbund sowie der Sonderbund hervor, mit dem Ziel, nicht nur Künstler zu fördern, sondern auch ihre Zusammenarbeit mit dem Publikum anzuregen. Als die Ruhrbarone und die Stadt Essen die kostbare Sammlung nach dem Tode von Osthaus kauften, begründeten sie zugleich das Museum Folkwang am neuen Standort Essen. Es wurde 1922 die erste Public Private Partnership, denn die Träger sind wie in den Anfängen neben der Stadt der Museumsverein. Einer der letzten Ruhrbarone, Berthold Beitz, spendierte über die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung gleich einen ganzen Museumsneubau für 50 Millionen Euro. Jetzt wählten die beiden Träger, Museumsverein und Stadt, Peter Gorschlüter zum neuen Museumschef. Er wird Nachfolger von Tobia Bezzola, der in die Schweiz zurückgekehrt ist.
Mit Gorschlüter (Jg. 1974) kommt ein Mann ans Haus, der in den Ideen von Osthaus aktuelle Vorbilder sieht. Seit dem Studium handelt er danach. Denn er hatte in Köln Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und anschließend an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe Kunstwissenschaft und Medientheorie studiert. Anschließend arbeitete er als Regieassistent, als Mitarbeiter den Bonner Biennalen 1996 und 1998, als Kurator junger Künstler in privaten Räumen in Köln und als Mitarbeiter der Karlsruher Galerie Meyer Riegger. Mit diesem breiten Wissen ging er 2002 für sechs Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Mitkurator an die Kunsthalle Düsseldorf. Im kleinen Team um Ulrike Groos erwarb er sich die notwendigen Manager-Qualitäten und praktizierte zugleich das Spiel zwischen den Gattungen.
„Zurück zum Beton“ hieß die Schau, in der es um die Anfänge von Punk und New Wave in Deutschland ging. Er konzipierte das Festival „düsseldorf sounds“ mit Musikern, die Kunst machen, und mit Künstlern, die Musik machen. In Wuppertal betreute er Kunst im öffentlichen Raum unter dem Titel „SICHT WEISEN - Kunst auf der Talachse.
2008 stieg er auf, wurde Chefkurator an der Tate Liverpool und Abteilungsleiter für die Ausstellungen und die Sammlungen. Er hatte damit Zugriff auf die Schätze der Tate in London. Zugleich suchte er, wie er betont, nach neuen Zugängen zur Sammlung, die nicht unbedingt klassisch-kunsthistorisch sind. So befragte er die Bürger nach ihren Wunschvorstellungen vom Museum. Über das Ergebnis war er selbst erstaunt. Sie wünschten sich nämlich große und weite Räume, ohne irgendwelche Funktionszwänge. Er holte sich daraufhin Künstler wie Rineke Dijkstra, Pawel Althamer und Tino Sehgal ans Haus und ließ sie mit den Menschen aus Liverpool Projekte konzipieren. Parallel engagierte er den Künstler Michael Craig-Martin, den Filmregisseur Mike Figgis und den Theatermacher und Autor Tim Etchells, um mit ihnen gemeinsam neue Wege in der Präsentation der Tate Sammlung zu beschreiten.
2010 ging er als Co-Kurator der Liverpool-Biennale der Frage nach, wie Kunst den Betrachter berührt: Über den Kopf, das Herz, die Hände? Über den Intellekt, den Geist, den Körper? Gezeigt wurden vor allem neue, eigens für die Biennale in Auftrag gegebene Arbeiten. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück, als stellverstellvertretender Direktor ans Museum für Moderne Kunst in Frankfurt.