Neue Dokusoap: Crossmediales Kunststück von RTL II

Der Privatkanal lancierte die Dokusoap „Köln 50667“ erst auf Facebook, prompt ist sie nun im Fernsehen erfolgreich.

Köln/München. Ausgerechnet der kleine Sender RTL II vollbringt gerade Erstaunliches: eine bahnbrechende Innovation. Kamen TV-Serien bisher erst ins Fernsehen und danach ins Internet, hat der Privatkanal diese Reihenfolge umgedreht.

Er erzählte die Vorgeschichte der Vorabend-Seifenoper „Köln 50667“ wochenlang ausschließlich auf Facebook, sammelte im sozialen Netzwerk 300 000 Freunde und Follower und ging erst am Montag um 18 Uhr mit der werktäglichen Serie ins Fernsehen.

Möglich macht das die blonde Meike Weber. Sie war eine der Hauptfiguren in dem überaus erfolgreichen Format „Berlin — Tag und Nacht“ (BTN), das RTL II seit September 2011 werktäglich ausstrahlt. Meike wollte nach dem Ende der Beziehung zu Marcel „’ne andere Luft, ’ne andere Umgebung“, zog an den Rhein und damit in die neue Serie „Köln 50667“.

Über ihre Erfahrungen in der Kneipe ihres neuen Freundes Alex hält die fiktive Figur Meike die Fans via Facebook ständig auf dem Laufenden — in bisher nicht bekannter Konsequenz verknüpft der Serienableger Display und Bildschirm. Wenn eine Figur in der Serie etwas mit dem Handy filmt, ist das hinterher selbstverständlich im Netz zu sehen.

Der durchschlagende Erfolg beim angepeilten jüngeren Publikum gibt den Münchner Fernsehmachern und der Kölner Produktionsfirma Filmpool recht: „Köln 50667“ erreichte mit den ersten beiden Sendungen gut zehn Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen, gar 20 Prozent bei den 14- bis 29-Jährigen.

Im Gegensatz zur crossmedialen Raffinesse ist der Inhalt alles andere als innovativ. Die Figuren nuscheln, pöbeln („Chantal, misch dich da nicht ein!“) und brüllen eine Stunde lang, irgendwie gibt es immerzu ein Missverständnis.

Großflächige Tätowierungen und Piercings sind Pflicht, Frauen liefern sich endlose Zickenkriege um einen Kerl. Köln — gedreht wird nicht im Studio, sondern ausschließlich an realen Orten — wirkt wie ein riesiges Big-Brother-Camp.

RTL II möchte glauben machen, die Serie zeige den Alltag authentischer junger Leute. Aber sie hat natürlich ein Drehbuch, vor der Kamera agieren gecastete Laiendarsteller. Der Fangemeinde ist das egal, sie spielt mit und kommentiert lebhaft per Twitter oder Facebook: „Verzieh dich aus der Sendung, du Heulsuse.“

Praktischerweise ist die Handlung so übersichtlich, dass keiner etwas verpasst, der nebenher Kommentare im Internet absetzt.

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