Vor 50 Jahren öffnete der „Star-Club“

Hamburg (dpa) - Der Tag, an dem Schluss mit Schlager und Schmalz sein soll, ist ein Freitag, der 13. - für den „Star-Club“ ein Glückstag.

Als der Musikschuppen vor genau 50 Jahren am Abend jenes 13. April 1962 in Hamburg erstmals öffnet, ahnt wohl niemand, dass hier gerade - mitten im Rotlichtviertel auf St. Pauli - ein Stück Rockgeschichte beginnt. Der Name des Clubs wird zum Programm: Alles, was Rang und Namen hat, steht auf der Bühne. Er wird zum Gütesiegel: Auftritte hier verhelfen noch unbekannten Bands schneller zu anderen Engagements. Er wird zum Mekka der Beatmusik und zu einem Ort voller Magie für rebellierende Jugendliche. Rund um den 13. April wird auf St. Pauli nun der runde Geburtstag des „Star-Clubs“ gefeiert.

Live-Musik hatte es schon vorher in Clubs wie dem „Kaiserkeller“ und dem „Top Ten“ auf dem Hamburger Kiez gegeben. Doch anders als dort sollten im „Star-Club“ mehrere Bands hintereinander an einem Abend spielen, nicht eine Gruppe die ganze Nacht hindurch. Die Plakate in schreiendem Orange, die damals rund um die Reeperbahn die Eröffnung ankündigten, versprachen eine „Ballung der Spitzenklasse Europas“ im Haus an der Großen Freiheit 39. Vor allem aber provozierten sie mit ihrem Versprechen: „Die Not hat ein Ende! Die Zeit der Dorfmusik ist vorbei!“

Reizvoll für Jugendliche, die nicht nur der überall präsenten Schlagermusik ihrer Eltern entkommen wollten, sondern auch gesellschaftlichen Zwängen. „Für Ältere waren die Auftritte im "Star-Club" einfach laut und wüst, die Musik hielten sie für schädlich“, erzählt Günter Zint, einst dort Hausfotograf, der sich an die Polizeieinsätze in jener Zeit erinnert, als man erst mit 21 volljährig wurde. Nicht nur Jugendschutztrupps kamen, auch Schlägereien riefen regelmäßig die Polizei auf den Plan. „Auch wenn heute vieles verklärt und der "Star-Club" wohl irgendwann als reinstes Paradies dargestellt wird: Dort ging es rau zu“, sagt Zint.

Dabei ist die Club-Gründung durch Manfred Weißleder einem Amt zu verdanken. „Als die Baubehörde eines Tages einen Fluchtweg für den hinter der Großen Freiheit gelegenen "Paradieshof" verlangte, auf dem Weißleder mehrere Lokale betrieb, entschloss sich dieser kurzerhand, das ehemalige "Stern-Kino" zu übernehmen und als Notausgang zu benutzen“, berichtet Ulf Krüger in seinen Büchern. Er gilt als Experte des „Hamburg Sound“, den er so beschreibt: In England entstand die Beatmusik, in den Hamburger Clubs jedoch fanden die „oft noch recht amateurhaft musizierenden Bands die Gelegenheit, ihren Stil zu kultivieren und zu perfektionieren“.

Aus dem „Stern-Kino“ wurde der „Star-Club“, für den Weißleder und sein Mitstreiter Horst Fascher, der die Idee dazu hatte, auch viele Bands aus Liverpool holten. Zuallererst The Beatles, die bereits in Clubs wie dem „Kaiserkeller“ und „Top Ten“ zu Hamburger Lokalmatadoren geworden waren. Fascher: „Die Beatles waren damals noch eine ganz normale Band, aber schon mit mehr Zuspruch als andere. Ich wusste: Für den "Star-Club" musst du die haben.“ Das erste der drei Beatles-Gastspiele - noch mit Pete Best am Schlagzeug - dauerte sieben Wochen, das letzte im Dezember 1962 knapp zwei. Inzwischen hatten sie Best gegen Ringo Starr ausgetauscht und mit „Love Me Do“ ihre erste Single in den Charts platziert.

Besonders um die Beatles ranken sich längst viele Geschichten, wenn vom „Star-Club“ die Rede ist - etwa als John Lennon einmal im Affenkostüm und einmal nur in Unterhose und mit einer Klobrille um den Hals auf die Bühne gekommen sein soll. Doch neben ihnen bot der Club viele weitere Musiker auf, die entweder bereits Stars waren oder es wurden: Auf der Gedenktafel, die als einziges heute noch an das in den 80er Jahren ausgebrannte und abgerissene Gebäude erinnert, stehen Namen wie Ray Charles, Little Richard, Fats Domino, Tony Sheridan, The Rattles, Gerry and the Pacemakers, The Searchers und Jimi Hendrix.

„Eigentliche hätte der Club nie schließen müssen, wenn man heute all die Leute hört, die dort als Gäste gewesen sein wollen“, sagt Zint. Und doch gingen in der Silvesternacht 1969 die Lichter im „Star-Club“ aus - das Sex-Theater „Salambo“ zog ein. Krüger: „Als sich die Szene Ende der sechziger Jahre dahingehend veränderte, dass Supergruppen Hallen beziehungsweise Stadien füllten und für Clubgastspiele längst zu teuer waren, die meisten Clubs bereits geschlossen oder in Diskotheken umgewandelt worden waren, schlug auch die letzte Stunde des "Star-Clubs".“

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