Viele Gesichter: Die Joni-Mitchell-Luxusbox

Berlin (dpa) - Wenn die große Singer/Songwriter-Dame Joni Mitchell eine Bilanz ihrer Karriere auf vier CDs zusammmenstellt, kann man sicher sein, dass etwas Besonderes entsteht. „Love Has Many Faces“ enttäuscht diese Erwartungen nicht.

Viele Gesichter: Die Joni-Mitchell-Luxusbox
Foto: dpa

Das von Warner herausgegebene Luxus-Boxset trägt den etwas prätentiösen Untertitel „A Quartet, A Ballet, Waiting To Be Danced“, es umfasst 53 remasterte Tracks aus Mitchells rund fünf Jahrzehnten als vielleicht wichtigste Repräsentantin des Songwriter-Genres. Es ist eine sehr persönliche Auswahl, und die 71-jährige Kanadierin strukturiert sie recht unkonventionell - nämlich nicht chronologisch, sondern „als Ballett in vier Akten“, mit den Oberbegriffen „Birth Of Rock 'n' Roll Days“, „The Light Is Hard To Find“, „Love Has Many Faces“ und schließlich „If You Want Me I'll Be In The Bar“.

„Statt einer emotionalen Achterbahnfahrt (...) entwickelten sich nun Themen, Stimmungen entfalteten sich. Ich erreichte mein Ziel“, sagt Mitchell über die sorgfältige, langwierige Suche. So findet sich in „Act 1“ ein relativ neues Lied wie „Harlem in Havana“ (1998) neben „Car On A Hill“ vom 1974er Meisterwerk „Court And Spark“ und „Dancin' Clown“ (mit Billy Idol!) aus den künstlerisch nicht unumstrittenen späten 80er Jahren.

Auch die anderen CDs weisen erhebliche Zeitsprünge auf, aber dem Genuss dieser wunderbaren Lieder „am Stück“ tut das keinen Abbruch. Denn durch die sensible thematische Zusammenstellung wird umso deutlicher, wie konsistent das Gesamtwerk dieser Künstlerin ist. Und dass Stücke wie „River“, „You're My Thrill“, „A Case Of You“ oder „Both Sides Now“ zum Besten gehören, was in den vergangenen 50 Jahren geschrieben und gesungen wurde, steht ohnehin außer Frage.

Mitchell scheute keine Risiken und Herausforderungen, integrierte in ihr sensibles Songwriting mit größter Selbstverständlichkeit Folk, Jazz, Rock und Avantgarde-Elemente. Begleitet wurde sie stets von den Besten: Die Liste der Studiocracks auf ihren Alben liest sich wie ein Who Is Who der US-Pophistorie. Dass diese Musikerin immer über den Tellerrand hinausblickte, wird auch in ihren Werken als Malerin deutlich. Sechs neue Motive zieren das wunderschöne Booklet von „Love Has Many Faces“. Eine Karrierebilanz als Gesamtkunstwerk.

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