The Jezabels: Sie woll’n so bleiben, wie sie sind

Freiheit — nicht nur Joachim Gauck ist sie wichtig, auch die Experimental-Popper The Jezabels legen Wert auf Unabhängigkeit.

Düsseldorf. Nummer eins der Charts ist der Traum jedes Musikers: Dem australischen Indierock-Quartett The Jezabels gelang dieses Kunststück in ihrer Heimat ganz ohne Plattenlabel — zuerst mit einer EP und jetzt mit dem Debütalbum.

Trotz zwangsläufig folgender Vertragsangebote wollen Sängerin Hayley Mary, Keyboarderin Heather Shannon, Drummer Nik Kaloper und Gitarrist Samuel Lockwood weiter erst einmal frei bleiben. „Die Labels können uns nicht mehr viel bieten“, sagt Heather. „Eine Fangemeinde haben wir uns längst aufgebaut und alles aus eigener Tasche bezahlt. Wieso sollten wir uns da binden und womöglich die kreative Kontrolle verlieren?“

Ein bisschen mulmig wurde den vier Studenten allerdings schon, als ihre EP „Dark Storm“ (Oktober 2010) Goldstatus und Platz 1 der australischen iTunes-Charts erreichte. Spätestens da wussten die Anfang-20-Jährigen selbst nicht mehr, wie ihnen geschah. Denn eigentlich war die Band, deren Name sich von der alttestamentarischen Königin Isebel ableitet, nur als Freizeitspaß parallel zur Uni gedacht.

„Nik hatte Wissenschaft studiert, Hayley und Sam Kunst und ich wollte irgendwann auf die Musikhochschule in Freiburg“, erzählt Heather. Erst ein Wettbewerb auf dem Campus, bei dem die Band den zweiten Platz belegte, ermutigte sie, weiterzumachen. Und das sehr originell. Der Stil der Jezabels ist schneller, rhythmischer Rock — jedem der Bandmitglieder ist es erlaubt, seinen Individualismus so auszuleben, dass ein Miteinander und kein Einheitsbrei entsteht. Das gibt dem Rock der Jezabels eine spannende Dynamik.

Heather ist von Klassik geprägt, Nik von Heavy Metal, Haley von 1980er-Pop und Sam von Country. Und so klingen die Songs des Quartetts gefühlvoll, aber auch hart, sind progressiv instrumentiert und regen zum Mitsingen an. Hayleys mädchenhafte Stimme gibt den Jezabels das Unverkennbare: Ihr Gesang erinnert an Kate Bush, reicht über mehrere Oktaven und eignet sich unterschiedliche Rollen an.

Der Sound hat seit der ersten EP „The Man Is Dead“ (2009) nur minimale Entwicklungen durchgemacht: Das Schlagzeug eskortiert Hayleys Gesang mit lautem, konturstarkem Rhythmus-Hämmern. Dieses spielerische Zwiegespräch hat sich als Hauptmerkmal der Jezabels gefestigt und rückt Songs wie „Long Highway“ und „Catch Me“, aber auch die beiden Singles „Endless Summer“ und „Try Colour“ nahe an den Hardrock.

Trotz ihres Talents, Ohrwürmer schreiben zu können, kümmern sich die Jezabels herzlich wenig um Konventionen und zeigen das gleich zu Beginn ihres Debütalbums „Prisoner“. Der Titelsong setzt auf Dramatik: Nachdem sich Orgelharmonien ausbreiten, legt Hayley los, mehr gesprochen als gesungen. Dazu poltern die Trommeln wild und entfesselt, bis Keyboards, Gitarren und Sirenengesang ein Inferno starten. So verschwenderisch verschleudert man sein Können normalerweise nicht gleich zu Beginn eines Albums — es sei denn, man beherrscht sein Fach. Und das tun die Jezabels.

Hört man auf die Texte, zieht sich vor allem die Angst vorm Gefangensein wie ein roter Faden durch das Album. Soll heißen: Künstlerisch wollen sich die Jezabels nicht reinreden lassen. Und auch, wenn sie in Deutschland nun bei einem Label (Pias) unterschrieben haben, bleiben sie in Australien weiterhin unabhängig. Diese Freiheit nehmen sie sich.

Termin: 18. März, Köln, Luxor, 20 Uhr

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