Starintendant Mortier mit 70 an Krebs gestorben

Madrid/Brüssel (dpa) - Die Opern- und Theaterwelt trauert um Gerard Mortier. Nur wenige Monate nach seiner turbulenten Absetzung als künstlerischer Leiter des Madrider Teatro Real erlag der Belgier einem Krebsleiden.

Starintendant Mortier mit 70 an Krebs gestorben
Foto: dpa

Gerard Mortier starb in der Nacht zum Sonntag (9. März) in Brüssel im Alter von 70 Jahren. Das teilte die belgische Kulturministerin Fadila Laanan mit. Mortier hatte Bauchspeicheldrüsenkrebs. Der frühere Intendant der Salzburger Festspiele, der zuletzt künstlerischer Berater des Madrider Teatro Real war, starb nach Angaben der spanischen Nachrichtenagentur efe „im Kreise von Freunden und Familie“.

Der am 25. November 1943 in Gent in einer flämischen Bäckerfamilie geborene Mortier galt als einer der bedeutendsten Musikmanager Europas, aber auch als „Enfant terrible“ der Szene.

„Gerard Mortier hat niemals aufgehört, das Genre zu erneuern, mit dem Wunsch es möglichst vielen zugänglich zu machen“, sagte Laanan der Nachrichtenagentur Belga. Der Verstorbene sei mit seinen „nonkonformisten Entscheidungen“ und seinen mutigen Programmgestaltungen „ein Visionär, ein Befrager von Seelen und ein Entdecker von Talenten“ gewesen, der der Oper „revolutionäre Züge gegeben“ habe, so die Ministerin.

Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer würdigte Mortier als „einen der bedeutendsten Opernintendanten in Europa“, der die Salzburger Festspiele in den 1990er Jahren modernisiert habe. Der letzte Arbeitgeber des Belgiers, das Madrider Teatro Real, wollte Mortier nach eigenen Angaben am Sonntagabend die Aufführung der Christoph-Willibald-Gluck-Oper „Alceste“ widmen, eine Gedenkminute einlegen und auch die Fahnen des Hauses auf Halbmast setzen.

Zudem habe man bereits mit den Vorbereitungen einer besonderen Gedenkfeier begonnen, bei der jüngere Menschen als Vertreter des neuen Publikums, das Mortier zu erschließen versucht habe, eine besondere Rolle spielen würden, hieß es auf der Homepage des Hauses.

In den 1970er Jahren hatte Mortier zunächst vorwiegend für Christoph von Dohnányi und Rolf Liebermann in Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg gearbeitet, bevor er 1981 die Leitung des Brüsseler Opernhauses La Monnaie übernahm. Dort machte sich Mortier als „Modernisierer“ der Oper auch über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus einen Namen.

Mit dem Ziel, die Salzburger Festspiele auch einem jüngeren Publikum schmackhaft zu machen, wurde der Belgier dann 1991 nach Österreich berufen. Zwischen 2004 und 2009 leitete das Mitglied der Berliner Akademie der Künste auch die Pariser Oper. In Deutschland bewies er seinen Innovationsgeist 2002 als Gründungsintendant der Ruhrtriennale in Essen.

Das Teatro Real verpflichtete Mortier 2010. Als künstlerischer Leiter sollte er das bis dahin international wenig bedeutende Haus an die europäische Spitze führen. Seine Ambitionen wurde allerdings bald von der Wirtschaftskrise erschwert, in der auch das Opernhaus nicht von Sparmaßnahmen verschont blieb.

Kurz nach Bekanntgabe seiner Krebskrankheit im vergangenen Sommer wurde Mortier im Herbst nach einer großen Auseinandersetzung durch den Katalanen Joan Matabosch (52) abgelöst. Der Belgier machte dabei seinem Ruf, Konflikte nicht unbedingt aus dem Weg zu gehen, alle Ehre. Das Vorhaben des Madrider Kulturministeriums, einen Spanier zu seinem Nachfolger zu machen, kritisierte er scharf. „In Spanien sehe ich aber niemanden, der infrage käme“, sagte er damals barsch. Dennoch blieb Mortier - der in Deutschland in ärztlicher Behandlung war - dem Opernhaus am Plaza Isabel bis zuletzt als Berater verbunden.

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