Staff Benda Bilili: „Die Musik hat uns gerettet“

Würzburg (dpa) - Auf Krücken und in Rollstühlen kommen Ricky, Coco und die übrigen Musiker von Staff Benda Bilili auf die Bühne. Sofort brandet lauter Applaus auf. Sie stellen die Rollstühle an den Rand der Bühne und beugen sich zu ihren Mikrofonen.

Mit einem Schlag setzen die Trommeln ein: Groovige Gute-Laune-Rumbamusik erfüllt das Hafengelände in Würzburg. Die Musik, die Behinderung und der übersprudelnde Lebensmut hat die Männer aus der Demokratischen Republik Kongo weltberühmt gemacht. „Die Musik hat uns gerettet“, sagt Ricky Likabu, Gründer der Gruppe.

Die Lebenslust der Musiker ist mit jedem Takt zu hören und zu spüren. Und dabei ist es noch gar nicht lange her, da hausten die acht Männer um die 60 noch auf der Straße und lebten in Pappkartons. Wegen einer Polio-Infektion sind fünf von ihnen gehbehindert. Das hielt die Männer jedoch nicht vom Musikmachen ab. Aus Dosen und Holz bastelten sie sich Instrumente. Ein französisches Filmteam entdeckte sie zufällig bei Proben im Park. Das Team begleitete die Musiker fünf Jahre lang, dokumentierte Höhen und Tiefen, unterstützte die erste CD und die erste Tour. Der Kinofilm „Benda Bilili!“ eröffnete im vergangenen Jahr eine Nebenreihe bei den Filmfestspielen in Cannes.

„Nur dank ihnen sind wir heute hier. Sie haben uns unglaublich gepusht“, sagt der 61 Jahre alte Ricky, „Papa“ der Band. Mitte Mai lief der Film auch in den deutschen Kinos an. Die Band tritt in sieben deutschen Städten auf. Mainz, Würselen bei Aachen, Detmold und München liegen noch vor ihnen.

Ricky trägt einen schicken dunklen Anzug und ein helles Hemd und sitzt in einem modernen Rollstuhl. Nur seine zerknautschte beigefarbene Mütze mit der kleinen weißen Feder und den schwarzen Flecken fällt aus dem Rahmen. „Geld macht auf jeden Fall glücklich“, sagt der Chef der Truppe und lacht entspannt. „Wir alle haben uns im Kongo von unserem ersten Geld zuerst ein Haus und ein Auto gekauft“, erzählt er, und die übrigen sieben nicken. Mittlerweile bauen sie auch Häuser für andere - für die Armen aus dem Kongo. Sie stiften auch regelmäßig Geld für behinderte Straßenkinder.

Alle Musiker haben ihre Familie im Kongo. Doch seit der Kinofilm erschien und in Cannes Erfolge feierte, sind sie ständig unterwegs. Vor und hinter ihnen liegen Auftritte in Japan, Kanada, Europa und Amerika. „Unser nächster Besuch zu Hause dauert nur zehn Tage, dann brechen wir schon wieder zur nächsten Tour auf.“ Doch diesen Stress wollen sie aushalten. „Du musst arbeiten, arbeiten, arbeiten. Nur dann kannst du erfolgreich sein“, wiederholt Ricky immer wieder. Es ist das Mantra der Band - die Botschaft, die sie mit ihrem mehrstimmigen Gesang in die Welt hinaus tragen wollen.

Ihr Bandname stehe im übertragenen Sinne für: „Schau immer über den Tellerrand hinaus und ergreife deine Möglichkeiten.“ Damit beschäftigen sich die Musiker auch in ihren Liedtexten. Sie singen über Kinderlähmung, Liebe, das Leben auf der Straße und die Chancen, die jeder hat. Sie lassen fast kein Thema aus. „Nur Politik machen wir nicht. Das ist zu gefährlich. Es könnte sonst schwer werden, wieder nach Hause zu kommen.“

Demnächst nehmen die Musiker nach „Très Très Fort“ ihr zweites Album auf. „Wer weiß, wie lange wir noch gesund genug sind, um durch die Welt zu touren“, sagt Ricky. Ihr Motto: „Bloß nicht stehen bleiben.“

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