Spielzeitauftakt: Mahler zu Popcorn und Cola

Neue Wege: Das Konzert der Berliner Philharmoniker ist am Freitag live in 60 Kinos und auf öffentlichen Plätzen in ganz Europa zu sehen.

Berlin. Unter Herbert von Karajan haben die Berliner Philharmoniker Technikgeschichte geschrieben: Auf den Videos, die den Maestro mit wallendem Haar und geschlossenen Augen beim Dirigieren zeigten, oder auf der inzwischen überholten Laserdisc - das im 19. Jahrhundert gegründete Orchester wollte stets auf der Höhe der Zeit sein.

Freitagabend geht es weiter: Es wird erstmals ein Philharmoniker-Konzert live in 60 Kinos und auf öffentliche Plätze in ganz Europa übertragen - Mahler zu Popcorn und Cola.

Sir Simon Rattle, seit acht Jahren an der Spitze des Orchesters und offen für neue Ideen, wird am Pult stehen. In Kinos unter anderem in Dortmund, Oberhausen und Siegen und beim kostenlosen Public Viewing im Kölner Mediapark beamen sich die Philharmoniker zur Saisoneröffnung ins digitale Zeitalter - mit Beethovens Vierter und Mahlers Erster.

Bereits vor einem Jahr startete das Orchester die Digital Concert Hall, eine Internet-Plattform, auf der Konzerte live gesehen oder aus dem Archiv abgerufen werden können. Vor allem seitdem der quirlige Rattle 2002 die Nachfolge des introvertierten Claudio Abbado antrat, hat das Orchester in seiner Außendarstellung einige Takte zugelegt.

"Wir wollen global verfügbar sein", sagt der Cellist Olaf Maninger, im Vorstand des selbstverwalteten Orchesters für Medien zuständig.

An Zuspruch mangelt es nicht: Bereits jetzt geben die Philharmoniker pro Spielzeit rund 90 Konzerte im eigenen Haus, dazu kommen 30 bis 40 Auftritte bei Gastspielen - von Peking bis New York. Die Aufführungen sind stets ausverkauft. Wie kaum andere Institutionen in Deutschland sind die Philharmoniker eine weltweite Kulturmarke.

Auf den Internetseiten Twitter und Facebook sind die Philharmoniker längst präsent. Welche Entwicklung das Orchester in den kommenden Jahren einschlagen wird, zeigt auch die Ernennung des Medienmanagers Martin Hoffmann zum neuen Intendanten.

Der 50-Jährige, der bisher bei der Fernsehproduktionsfirma MME unter anderem für Sendungen wie "Bauer sucht Frau" und "Tatort" verantwortlich war, hatte bisher zwar ein Philharmonie-Abonnement, in der Musikwelt war er aber fremd.

Mit Beginn der neuen Saison tritt Martin Hoffmann als Nachfolger von Pamela Rosenberg sein Amt an. Er will, dass möglichst viele Menschen die "exzellente Qualität der Musik" erleben können und dass das Orchester für ein jüngeres Publikum und neue Spielstätten weiter geöffnet wird.

"Wir müssen die Musik an Orte bringen, wo sie nicht zu Hause ist", sagt der Jurist. Er will auch stärker in Berlin präsent sein, mit anderen Institutionen kooperieren, etwa für Filmmusik-Projekte mit der Berlinale oder mit der Neuen Nationalgalerie gleich gegenüber.

Auch will Hoffmann den Bau eines neuen Gebäudes in die Wege leiten, mit dem die Philharmonie und das Berliner Kulturforum mit seinen Museen enger an den zentralen Potsdamer Platz angebunden werden.

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