Sommerhits 2011: Fehlt eigentlich nur noch die Sonne

Sie sind allgegenwärtig, animieren zum Tanzen, können aber auch nerven: wir stellen die Sommerhits 2011 vor und lassen Sie Ihren Favoriten wählen.

Düsseldorf. Hits werden gern im Sommer geboren, wenn Urlaubswillige und Sonnenhungrige sich ihren Soundtrack für den Müßiggang suchen. Kennzeichnend für diese Songs: simple Melodien und ein hoher Tanzbarkeitsfaktor.

Außerdem haben besonders im Sommer Produktionen aus typischen Urlaubsregionen wie Italien, Frankreich, Spanien oder der Karibik großen Erfolg. Trotz des verregneten Julis boomen auch 2011 die sonnigen Gute-Laune-Nummern. Wahrscheinlich, weil die Käufer sich den Sommer einfach musikalisch nach Hause holen wollen. Die diesjährigen Songs im Überblick:

Der mit Abstand präsenteste Sommerhit des Jahres ist auch gleichzeitig der vermaledeiteste. Der prägnante Refrain fräst sich sofort im Hirn fest. Sein unwiderstehlicher Reiz könnte der etwas bizarren Mischung geschuldet sein, auf der der Song aufbaut: Über einen fröhlich-hupfdohligen Housebeat legt sich eine eigentlich eher schwermütige Mollmelodie, vorangepeitscht durch ein Saxofon, das wegen der zurzeit typischen elektronischen Verzerrung wie eine Jahrmarktströte klingt.

Seinen Status als netter Ohrwurm hat „Mr. Saxobeat“ dank Dauerrotation auf Radiowellen und in Diskotheken mittlerweile eingebüßt. Prognose: Platz eins bis September! Das Schicksal einer Eintagsfliege könnte Alexandra Stan übrigens erspart bleiben. In ihrer Heimat Rumänien hatte die 22-Jährige bereits vor „Mr. Saxobeat“ Chartsingles. Im Fahrwasser des großen Erfolges dürften auch die nun europaweit veröffentlicht werden.

Saint Tropez war in den 1960er und 1970er Jahren ein Inbegriff für Jetset, Luxus und schöne Menschen, nicht zuletzt wegen Gunter Sachs und Brigitte Bardot. Vom Glanz, den die kleine Ortschaft an der Côte d’Azur einst ausstrahlte, ist im deutschen Bewusstsein nicht viel geblieben.

Vielleicht ja auch, weil Saint Tropez heutzutage nach billigem Trance und polternden Beats klingt, über die unbeholfener Namedropping-Rap und der Gesang einer Frau gelegt wird, die sich anhört, als hätte sie der Produzent gezwungen, eine Palette Red Bull auf Ex zu trinken.

Ein Song ohne Höhen und Tiefen — nicht nur in der Maxiversion genauso unerbittlich wie eine wochenlang anhaltende Hitzewelle.

Titel: „Danza Kuduro“
Interpreten: Lucenzo feat. Don Omar
Artverwandtes: „Allez Ola Olé“ von Jessy Matador (2010) - „Veo Veo“ von den Hot Banditoz (2004)

Oy oy oy! Mit mediterranem Akkordeon-Flair und lateinamerikanischem Rhythmus ist diese Nummer der diesjährige Sommerhit mit dem höchsten Folklore-Faktor. Lucenzo ist gebürtiger Franzose mit portugiesischen Wurzeln.

In der Sprache seiner Eltern war „Danza Kuduro“ bereits im vergangenen Jahr ein Hit in Frankreich. Für den internationalen Markt erschien dem Produzenten Don Omar eine spanische Version erfolgversprechender. Heraus kam ein flüchtiges Stück Lebensfreude für die Open-Air-Party am Baggersee.

Die bislang erfolgreichste Single des Jahres hält sich nicht zuletzt deswegen so hartnäckig in den Charts, weil die Veröffentlichung dieser sommerlich verstrahlten Bikini-Hymne im März deutlich verfrüht war. Dank J.Los Auftritt bei der diesjährigen Sommerausgabe von „Wetten, dass“ ließ sich die Halbwertszeit des Songs künstlich hinauszögern. Seit nunmehr 18 Wochen belagert die Nummer die deutschen Top Ten.

Das Erfolgsrezept ist simpel: Man nehme einen Song („Lambada“ von Kaoma), der trotz seiner zehn Wochen Chartspitze im Sommer 1989 irgendwie in Vergessenheit geriet, streue vereinzelte Schlachtrufe eines derzeit angesagten Rappers ein und lasse das Ganze eine Frau säuseln, deren Schauspiel- und Gesangskarriere in letzter Zeit etwas vor sich hin dümpelte.

Unter dem Strich bleibt ein Sommerhit wie aus dem Baukasten — und zwar dem mit den groben Klötzen.

Im strengen Sinne kein Sommerhit, allein schon, weil Coldplay mit melancholischer Weltverbessererattitüde normalerweise nicht zur verspielten Leichtigkeit des Sommers passen.

Allerdings ist die Inspiration, die Frontmann Chris Martin zu diesem Song veranlasste, gleich in doppelter Hinsicht sommerlich: Die prägnanten Eingangsakkorde sind Peter Allens Evergreen „I Go To Rio“ (1976) entnommen. Sie dienten bereits 1990 für die Unterlegung des etwas schnarchigen Latino-Stampfers „Ritmo de la Noche“, für den Verona Pooth — damals noch Feldbusch — als adretter, aber etwas orientierungslos wirkender Blickfang durchs Video stolperte.

Das Ergebnis nun bei Coldplay: Stadionrock, gebettet auf einem luftigen Sommerhitkissen. Bizarre Mischung.

Noch ein Fall seltsamen Recyclings. Allerdings standen hier sogar gleich zwei Songs Pate: Als Refrain dient dem haitianischen R’n’B-Sänger Derülo der von Harry Belafonte populär gemachte „Banana Boat Song“ (1956), für einen zeitgemäßeren Rhythmus sorgt ein Sample des House-Klassikers „Show Me Love“ von Robin S (1993).

Was zunächst nach unüberbrückbaren Gegensätzen klingt, ist von den Produzenten geschickt ineinander gepasst.

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