Rufus Wainwright: Bombast und Leichtigkeit

Rufus Wainwright gibt in Düsseldorf ein umwerfendes Konzert zwischen Pop, Oper, Musical, Varieté und Kunstlied. Der 34-Jährige zeigte Selbstironie und Showtalent.

Düsseldorf. "That old Hollywood is over." Das alte Hollywood ist Vergangenheit. Der Ort, an dem Stars und Legenden geboren wurden. Das gute Hollywood der Wassernixe Esther Williams und der anmutenden Musical-Herrlichkeit von Judy Garland. Also, so die inbrünstige Bitte von Rufus Wainwright, "Release the Stars!" Lasst sie frei! Mit seinem Abgesang auf das alte Amerika eröffnete der kanadische Wunderknabe am Samstag sein umwerfendes Konzert im Düsseldorfer Schauspielhaus. Im Hintergrund glitzern die Sterne auf der amerikanischen Flagge - Stars and Stripes wohin man sieht: Wainwright und seine sieben großartigen Musiker, allesamt in gestreiften Klamotten, sehen aus wie aus einer Varieté-Show. Er selbst trägt zum rot-gestreiften Anzug blinkende Broschen - angeblich soeben auf der Kö erstanden. "Sehr chiique" dort, wie er lächelnd sagt.

Wainwright flüchtete vergangenes Jahr von New York nach Berlin

Rufus, Sohn des Folk-Sängers Loudon Wainwright, flüchtete vergangenes Jahr aus New York nach Berlin, suchte das romantische Deutschland, das er aus den Opern kennt und liebt. Von all diesen Gefühlen erzählt sein Album "Release The Stars", das den Schwerpunkt seines Konzertes bildet. Vom Aufbruch in eine nostalgische Welt der schönen Künste und einem Gefühl von Freiheit ("Going To A Town"), von Spaziergängen im "Tiergarten" und durch "Sanssouci". Seine politischen Botschaften verpackt der charmante Musiker in plüschigen Bombast, fabriziert mit Leichtigkeit kurze Pop-Opern mit komplexen, klassisch anmutenden Arrangements, die er mit seinem ausdrucksstarken Tenor und Leidenschaft vorträgt. Manchmal macht ihm seine Stimme in den hohen Lagen einen Strich durch die Rechnung - am Vorabend hatte man in Berlin seine Rückkehr gefeiert -, doch diese Patzer bieten ihm Gelegenheit, mit einem Lächeln und spontanen Einlagen zu glänzen. Dazu gesellen sich bei Wainwright aufs Angenehmste Selbstironie und Showtalent, die ihm die Sympathien auch in "Duseldorf" nur so zufliegen lassen. Zu dem frivolen "Between my Legs" holt er sich drei Fans auf die Bühne, erscheint nach der Pause in bayerischen Lederhosen, um im nächsten Augenblick allein am Piano mit "Not ready to love" einen ergreifend intimen Moment zu schaffen. Es ist jene Dichotomie von Sensibilität und Pomp, die er verkörpert wie kein zweiter. Er verwischt die Grenzen zwischen Oper und Camp, Musical und Pop, Varieté und Kunstlied, streut Referenzen in jedem Takt. Zur Zugabe erscheint der 34-Jährige zunächst im weißen Bademantel, singt ein französisches Chanson, um den verblüfften Zuschauern dann mit rot geschminkten Lippen, hochhackigen Pumps und Strumpfhose, schwarzem Jackett und Hut den Swing-Klassiker "Get Happy" tanzend und singend zu präsentieren, dass seine Fans nur so johlen. "Auf Wiedersehen, mein Schatz", sagt er und wirft Kusshändchen. Jederzeit!

Rufus Wainwright

Vita: Rufus Wainwright wurde 1973 als Sohn der Folkmusiker Loudon Wainwright III und Kate McGarrigle geboren. Mit sechs Jahren begann er, Klavier zu spielen. Mit 13 tourte er mit seiner Schwester Martha, seiner Mutter und seiner Tante Anna als "The McGarrigle Sisters and Family". Bislang erschienen sechs Alben.

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