Radiohead zum Nulltarif

Die britische Band vertreibt ihr Album "In Rainbows" nur übers Internet. Die Kunden bestimmen den Download-Preis selbst.

<strong>Düsseldorf. Experimentell, schräg, gegen den Strom und trotzdem eine Megaband: Radiohead, die Band aus dem englischen Oxford, wusste in ihrer mehr als 15-jährigen Karriere stets zu überraschen, sei es mit der Abkehr vom charts-tauglichen Gitarrenrock hin zu synthetischen, rabenschwarzen Sounds oder mit dem Verweigern jeglichen Plattenvertrages nach dem letzten, bei EMI erschienenen Album "Hail To The Thief". Jetzt ließen sich Frontmann Thom Yorke und seine Kollegen, ganz ohne Label im Rücken, etwas Neues einfallen - und begegnen dem Problem illegaler Musikdownloads im Internet, indem sie gewissermaßen die Waffen strecken: Radiohead stellen Fans vor die Wahl, selbst zu entscheiden, was ihnen die Arbeit ihrer Lieblinge auf dem Album "In Rainbows" wert ist.

Die neue CD beziehungsweise Schallplatte ist zunächst ausschließlich über die Website www.inrainbows.com erhältlich. Der Kunde darf auf dem Online-Bestellformular wählen: "Discbox oder Download?" Inhalt des Tonträgers, der 40 Britische Pfund kostet und ab dem 3. Dezember an die Käufer geschickt wird, ist das Album als CD sowie Doppel-LP, inklusive einer Bonus-CD mit weiteren neuen Songs, digitalen Fotografien und Illustrationen. Diese Discbox, heißt es, enthalte auch die Download-Rechte, die ab heute mit einem Aktivierungscode wahrgenommen werden können.

Wird alternativ der Knopf "Download" gewählt, geht es weiter zu einem für eine Band dieser Rangordnung ungewöhnlichen Preis-Angebot: In einem leeren Kästchen blinkt ein Cursor, daneben der Hinweis "It’s up to you" (dt.: Es liegt an dir). Ganz gleich also, ob der Konsument nichts oder zehn Pfund zahlt - die Zugangsrechte zu "In Rainbows" werden an ihn herausgeschickt. Dennoch erzielt diese moralische Hürde wohl ihre Wirkung, etwas das bei illegalen Tauschbörsen völlig fehlt. Es veranlasst zum Nachdenken, stellt das Bewusstsein vor eine kleine Gewissensfrage und endet sicher in vielen Fällen mit einer redlichen Zahlung.

Auch wenn sich das Radio-head-Quintett ein Risiko dieser Art im Gegensatz zu Newcomern leisten kann, kaum PR-Unterstützung braucht und nicht mehr auf den Ertrag aus CD-Verkäufen angewiesen ist, darf man gespannt auf den Erfolg der Aktion sein. Das Radiohead-Modell könnte weitere prominente Nachahmer finden, die sich schon immer von einem Plattenvertrag künstlerisch geknebelt fühlten.

Der Anfang Die in den achtziger Jahren unter dem Namen On A Friday gegründete Band benannte sich erst später in Radiohead um, nach einem Songtitel des Talking-Head-Albums "True Stories".

Der Durchbruch Mit der Single "Creep" trafen Radiohead 1992/93 den Soundpuls der Zeit. Ihrem ersten Album "Pablo Honey" (1993) folgte das hochgelobte "The Bends" (1995), doch erst "OK Computer" (1997) machte Radiohead bei Fans wie Kritikern zu eine der einflussreichsten Bands unserer Zeit.

Die Gegenwart Nach drei schwer zugänglichen Alben merkt man "In Rainbows" die wiederentdeckte Lust auf Rock an. Melodiöse Gitarrenstücke ("Bodysnatchers", "Reckoner") mischen sich mit schwelgerischen Balladen ("Nude", "All I Need").

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