Pop: Schade um die alte Shakira

Mit ihrem neuen Album hat sie ihre Identität aufgegeben.

Düsseldorf. Die Nächste bitte! So in etwa muss Pharrell Williams gedacht haben, als Shakira sich an ihn wandte und ihn für ihr neues Album beauftragte.

Der Musikproduzent gehört zum Erfolgsduo Neptunes, das zurzeit bei jedem mitmischt, der Rang und Namen hat: Beyoncé Knowles, Britney Spears, Justin Timberlake, Gwen Stefani - sie alle haben sich ihre Songs schon von Neptunes produzieren und damit zu perfekten Pop-Hits machen lassen. Genau das ist das Problem.

Denn das Album "She Wolf" hat nichts mehr von dem, was Shakira-Fans früher an der Kolumbianerin liebten: aussagekräftige Songs mit unverwechselbarem weltmusikalischem Stil. Auf ihrem dritten englischsprachigen Album wird Shakiras starke Stimme in vielen Liedern elektronisch verändert, die Texte sind belanglos und Klang und Rhythmus haben sich erschreckend an den üblichen Sound angepasst. Hier und da wurden zwar ein paar orientalische Elemente eingeschoben, aber alles in allem klingt das Werk wie der Einheitsbrei, der jeden Tag im Radio rauf und runter läuft.

Vorbei sind die Zeiten, in denen ihre Songs ihre Bodenständigkeit und unschuldige Erotik widerspiegelten. Jetzt wird nicht mehr ab und an ins Mikrofon gehaucht, sondern offensichtlich gestöhnt. Und obwohl sie noch vergangene Woche in der Oliver-Pocher-Show betonte, "über Religion und Sex spreche ich nicht", setzt sie mehr denn je auf die Vermarktungsstrategie "Sex Sells".

Lediglich die Titel "Men In This Town" und "Mon Amour" erinnern an die großen Hits ihrer vergangenen Alben "Laundry Service" und "Oral Fixation", die sich zusammen weit mehr als zehn Millionen mal verkauft haben. Ein Blick ins Booklet verrät: Bei diesen beiden Liedern hatte Pharrell Williams seine Finger nicht im Spiel. Schade, dass sie solch starken Songs nicht mehr Platz eingeräumt hat. Und ihre sonst so eindrucksvollen, melancholischen Balladen fehlen hier ganz.

"Das Album war ein klangtechnisches Experiment", sagt die 32-jährige Sängerin. "Ich wollte Elektronik, Beats und Synthesizer ausprobieren. Ich suchte nach neuen Einflüssen, um elektronische Musik mit Weltmusik und Dancehall zu verbinden." Wird sie damit Erfolg haben? Bestimmt. Denn was so perfekt klingt, wird sich seinen Platz im oberen Bereich der Charts sichern können. Und wer sich zu Dance-Music hingezogen fühlt, wird dieses Album lieben.

Wer allerdings mehr Gewicht auf eine klare Stimme und echte Instrumente legt, wird mit "She Wolf" nicht viel anfangen können. Denn musikalisch ist es das schlechteste, das die sonst so begabte Song-Schreiberin je abgeliefert hat.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort