Pop: Musik zwischen Genie und Wahnsinn

David Byrne und Brian Eno haben zum zweiten Mal gemeinsam ein Album aufgenommen

Düsseldorf. Manchmal sagen die Booklets, die einer CD beiliegen, mehr über die Musik aus, als die Songs selber. Für "Everything That Happens Will Happen Today" trifft das ganz besonders zu. Richtig verstehen kann man das nämlich nicht, was die Herren Eno und Byrne sich bei diesem Album gedacht haben wollen, nachdem man es ein erstes, dann ein zweites, schließlich sogar ein drittes Mal durchgehört hat. Ist das jetzt Country? Oder süßlicher Singer-/Songwriter-Pop? Vielleicht ja auch einfach nur eine etwas zerfaserte Zusammenstellung all dessen, was die beiden verdienten Art-Rock-Veteranen musikalisch für relevant halten?

Egal, was sie nach 27 Jahren zu ihrer zweiten gemeinsamen Arbeit bewogen haben mag - man fremdelt mit diesen elf Songs, und das, obwohl sie extrem eingängig ausgestaltet sind. Und während man nach dem gemeinsamen Nenner zwischen sich und den Kopfgeburten zweier verdienter Pop-Artefakte sucht, bleibt der Blick an Cover und Beibuch hängen.

Ein herausgeputztes Fertighaus ist darauf zu sehen, vorne in der Totalen, im Booklet selbst dann in Detailaufnahmen. Es sind keine Fotografien, sondern Computersimulationen wie aus dem Architekturbüro, rechte Winkel, rasierklingenscharfe Kanten, ein verstörend genau eingehaltener Fluchtpunkt. Sterilität in Pixeln ist das, Schöner- Wohnen wie bei den Sims.

Die einzige Botschaft - so die Bilder überhaupt eine Botschaft transportieren sollen - kann nur sein, dass Eno und Byrne ganz bewusst ein künstlich gehaltenes Klanggebilde erschaffen wollten. Verkopft genug wären beide dafür. Es waren immer eher Kunst und Klang, die sie zum Musizieren trieben, Byrne ab 1975 bei den Talking Heads, Eno als Produzent von Roxy Music, Bowie, zuletzt sogar Coldplay.

Treffen sich dann aber zwei, die fürs Konzeptionelle stehen und sich frei von ihren Bandkollegen respektive Schützlingen entfalten dürfen, ist das Ergebnis eher emotionslos. Bei ihrem ersten Album 1981, "My Life in the Bush Of Ghosts", war das nicht anders. Da konnten die Ethno-Versatzstücke noch so viel Eine-Welt-Harmonie verströmen.

Für das neue Album haben die beiden Tüftler auf Globalsound verzichtet, wahrscheinlich auch, weil Peter Gabriel diese Schiene mittlerweile ausfüllend bedient. Dafür klingt Byrne, die Stimme des Zweck-Duos, nicht nach der ausgelassenen Entrücktheit, die ihn sonst auszeichnet, sondern nach einem wehleidigen Balladen-Barden vom Schlage eines Chris de Burgh.

Die Songs wiederum, so gut Eno sie auch produziert haben mag, bleiben Schattenrisse dessen, was Byrne sich unter bewegendem Folk vorstellt. Im Falle von "My Big Nurse" beispielsweise wirkt das dann sogar richtig mickrig. Der Rest bewegt sich einfach nur neben der Spur. Konzerte: 9. 3. 2009 Düsseldorf, Tonhalle, 12. 3. Hamburg, CCH 2, 14. 3. Frankfurt/Main, Alte Oper

David Byrne & Brian Eno, "Everything That Happens Will Happen Today", Essential (Indigo), zirka 15 Euro

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