Pop: Die Anti-Madonna meldet sich zurück

Kylie Minogue besticht seit 22 Jahren mit einer einzigartigen Mischung aus Glamour, Natürlichkeit und Selbstironie. Ach ja, Musik hat sie auch wieder gemacht. Gefällig und gut!

Kylie Minogue ist ein Phänomen. Als sie vor mehr als 20 Jahren auf der Showbühne erschien, glaubte niemand daran, dass hier ein Superstar geboren war. Was man sah, war eine schauspielernde Soap-Actrice, die ihren flüchtigen Erfolg bei Teenagern mit lapidarem Stimmchen gewinnbringend in belanglos plätschernden Plastik-Pop ummünzte. Und das nur, weil ihr das ein Image-Berater ins Ohr geflüstert hatte. Der kalkuliert banale Wohlklang ihrer ersten Hits, "I Should Be So Lucky" und die Coverversion von Little Evas "The Loco-Motion", sprach da Bände.

Auch wenn diese Songs Welthits wurden ("The Loco-Motion" ist sogar bis heute eine der meistverkauften Singles in ihrer Heimat Australien), war man sicher, einer Eintagsfliege beim Summen zuzuhören. Doch weit gefehlt: Die Kombination aus niedlicher Stimme und strahlender Schönheit trägt bis heute. Dabei wirkt die zierliche Blondine mit ihren 153 Zentimetern Körpergröße gleichsam schüchtern wie zurückhaltend - kein Vergleich zu heutigen Pop-Newcomerinnen, bei denen ein gewisses Maß an Exhibitionismus vorausgesetzt wird.

Einen Plan für ihre Karriere hatte Minogue praktisch nie, zumindest keinen eigenen. "Ich habe mehr oder weniger das getan, was mir gesagt wurde", gesteht die noch heute jugendlich aussehende Sängerin bei ihrem Auftritt in der englischen BBC-Show "Friday Night with Jonathan Ross". Bestechend ehrlich war sie eben auch schon immer!

Mit 42 Jahren und nach dem Auf und Ab, das ihr Leben in den vergangenen fünf Jahren bestimmte, erscheint nun ihr elftes Album "Aphrodite". Auf ihm sammeln sich zwölf neue Songs, für die jede Menge bekannte Größen der Musikbranche verantwortlich zeichnen. Neben dem ausführenden Produzenten Stuart Price, der zuvor schon mit New Order, Madonna, Missy Elliott, Seal oder Keane gearbeitet hat, finden sich Kollaborationen mit dem Produzententeam Xenomania (Pet Shop Boys, Cher und Kylies Schwester Dannii Minogue), Lucas Secon (Sugababes, Britney Spears) oder Fraser T Smith (Nelly Furtado).

"All The Lovers" heißt die erste Single der Platte, auf der Minogue all ihre Register der Verführung zieht. Zur einprägsamen Melodie in Strophe und Refrain haucht sie: "Dance / It’s all I wanna do / So won’t you / Dance". Süß wie Zuckerwatte und hochwertig sexy - das ist es, was Fans an Minogue so lieben. Und das bekommen sie mit "Aphrodite", ob jung oder alt, ob Mann oder Frau. Denn auch bei Schwulen genießt Minogue von Beginn ihrer Karriere an eine Sonderstellung. Obwohl sie sich immer schon zur Heterosexualität bekannte und dies seit geraumer Zeit mit ihrem neuen Freund, dem spanischen Versace-Model Andres Velencoso (31), auch in der Öffentlichkeit zeigt.

Rufus Wainwright, Songschreiber und Fan, bringt das Geheimnis für das Übermaß an Sympathie, das ihr entgegengebracht wird, auf den Punkt: "Bei Madonna ist alles so hart und humorlos. Kylie ist so etwas wie die Anti-Madonna. Selbsterkenntnis ist eine tolle Sache, und Kylie kennt sich durch und durch. Sie braucht keine pseudo-intellektuellen Statements zu machen, um das zu untermauern."

Vielmehr kommentiert sie ihren Status mit der für sie typischen Selbstironie und Natürlichkeit: "Ich bin keine typische Schwulen-Ikone. Es gab in meinem Leben keine großen Tragödien, nur tragische Kostüme." Von ihrer Brustkrebserkrankung 2005 einmal abgesehen. Doch auch von ihr hatte sich die Sängerin nach erfolgreicher Operation und einjähriger Therapie schnell erholt.

Selbst die dadurch ausgefallenen Australien-Konzerte ihrer "Showgirl"-Tour holte sie Ende 2006 nach, um anschließend ihr zehntes Studioalbum "X" nach vier Jahren Pause aufzunehmen - ein Leben für die Musik. Wann sie nun mit ihrer neuen Live-Show nach Deutschland kommt, ist noch offen. Eines steht jedenfalls fest: Ihre Fans fiebern dem Ereignis schon jetzt entgegen.

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