Peter Stein inszeniert „Fierrabras“ in Salzburg

Salzburg (dpa) - Als der im Januar verstorbene Dirigent Claudio Abbado 1988 bei den Wiener Festwochen Franz Schuberts Oper „Fierrabras“ herausbrachte, war dies ein weltweit beachtetes Ereignis.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sprach von einem „Erdrutsch der Rezeptionsgeschichte“, der längst fälligen Wiederentdeckung Schuberts als Opernkomponist. Am Mittwoch war das 1823 entstandene Werk, immer noch ein seltener Gast auf den Spielplänen, erstmals bei den Salzburger Festspielen zu sehen.

Zumindest musikalisch konnte sich die Aufführung im Haus für Mozart hören lassen. Ingo Metzmacher dirigierte die Wiener Philharmoniker und den Wiener Staatsopernchor mit Energie und Akkuratesse und ließ keinen Zweifel daran, dass Schubert mit seinem „Fierrabras“ ein ziemlich großer Wurf gelungen war. Vom anrührenden A-cappella-Chor der im Kerker der Mauren gefangenen Ritter über melodramatische Passagen inklusive Fernorchester bis hin zu großen Chortableaux und sinfonischen Passagen standen Schubert alle Mittel musikdramatischer Gestaltung zu Gebote.

Zu seinen Lebzeiten wurde „Fierrabras“, wo es nur vordergründig um den Konflikt zwischen fränkischen Rittern und Mauren geht, sondern um - ganz modern - interkulturelle Freundschaft und Liebe, szenisch nicht aufgeführt. Und spätere Generationen sahen Schubert, der immerhin zehn Bühnenwerke vollendete und acht weitere als Fragmente hinterließ, vor allem als genialen Liedkomponisten.

Auch das Sängerteam ließ in Salzburg nur wenige Wünsche offen. Vor allem der Tenor Benjamin Bernheim als fränkischer Ritter Eginhard, der sich nicht standesgemäß in die Königstochter Emma verliebt, hinterließ einen starken Eindruck. Das gilt auch für den Bass Georg Zeppenfeld als König Karl, die Sopranistin Julia Kleiter als Emma und Dorothea Röschmann als maurische Fürstentochter Florinda, die sich ausgerechnet in den fränkischen Ritter Roland verliebt hat, gesungen von dem Bariton Markus Werba.

Der altgediente, etwas angestrengt wirkende Tenor Michael Schade vermochte in der Titelrolle des maurischen Fürstensohnes Fierrabras nicht zu überzeugen. Fierrabras verbindet ebenfalls eine (unglückliche) Liebe mit Emma. Weil er schließlich Eginhard den Vortritt lässt, wird er am Schluss, sozusagen als Entschädigung, in den Kreis der fränkischen Ritter aufgenommen.

Über die Inszenierung von Regie-„Altmeister“ Peter Stein deckt man lieber den Mantel des Schweigens. Angesichts dieser ultra-traditionalistischen „Deutung“ im altfränkischen beziehungsweise orientalischen Ambiente mit diversen Momenten unfreiwilliger Komik beginnt man sich zu fragen, wie der heute 76-jährige zu seinem Ruhm gekommen ist. Stein inszenierte die Story buchstabengetreu und gab damit die pathetischen Sing- und Sprechtexte der „romantisch-heroischen“ Oper vollends der Lächerlichkeit preis. Hier hätte man einordnen, deuten, Zeitbezüge herausarbeiten müssen.

Die Bühne hatte Ferdinand Wögerbauer im Stil faltbarer Papier-Kulissen gestaltet, die mal den Hof des Frankenkönigs, mal den Kerker der Mauren zeigten. Das war zumindest schön anzusehen. Und beim Happy End, wenn Liebe und Freundschaft über alle Klassen- und Religionsschranken siegen, gönnte sich Stein sogar ein wenig Ironie und zeigte auf dem Bühnenhintergrund ein rotes, mit zwei Palmwedeln durchkreuztes Herz. Überschaubarer Jubel und ein paar an die Regie gerichtete Buhs für diese letzte Opernneuinszenierung der laufenden Festspielsaison.

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