Paul Kuhn: „Legende ist ein bisschen weit hergeholt“

Berlin (dpa) - Der Musiker Paul Kuhn feiert am 12. März seinen 85. Geburtstag. Am 10. März startet der Jazz-Pianist und -Vokalist seine aktuelle Tour in Frankfurt am Main, und am 22. März kommt seine neue CD „Paul Kuhn - The L.A.

Session“ heraus.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erzählt Kuhn, wie oft er noch immer am Klavier sitzt, was er von Popmusik hält und warum er von Simon Rattle schwärmt.

Sie werden bald 85 Jahre alt und bringen kurz danach ein neues Album heraus. Das haben Sie in Los Angeles in Kalifornien aufgenommen. Wie kam es zu dieser Aufnahme?

Kuhn: „Ist doch klar: Wenn Sie ein Angebot bekommen, in Hollywood aufzunehmen, würden Sie da Nein sagen? Das macht man sofort. Man muss hingehen, um zu sehen, was die Amerikaner machen, damit es so gut klingt und alles so schön ist. Ich war gespannt, ob es klappt - es ging sofort gut.“

Hat Sie möglicherweise der Geist von Frank Sinatra in den legendären Capitol Studios zu Ihrer locker-beschwingten Spielweise inspiriert?

Kuhn: „Die Titel sind alle etwas schneller, als man es normalerweise spielt. Es ist eine spontane Sache, man kann es schwer erklären. Wir spielen ja jedes Mal anders.“

Müssen Sie etwas tun, um Ihre Finger beweglich zu halten?

Kuhn: „Ich versuche, dass sie nicht einrosten. Spielen lernt man durch Spielen, ich spiele relativ viel. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht am Klavier sitze. Den Flügel hab' ich vor ungefähr 30 Jahren im Essener Saalbau von der Bühne 'runter gekauft für 5 000 Mark, das ist geschenkt.“

Was spielen Sie zu Hause? Nur Jazz?

Kuhn: „Nein, Tonleitern und auch mal zur Erinnerung ein Stück durch.“

Sie komponieren ja auch. Ist Ihnen schon mal im Schlaf eine Melodie eingefallen?

Kuhn: „Nein, noch nie passiert.“

Oder beim Zähneputzen?

Kuhn: „Da schon eher. Das sind Dinge, die hat man überhaupt nicht in der Hand. Es komponiert mich manchmal - das kommt ja von alleine.“

Sie mögen keine Popmusik. Heißt das, dass Sie auch nichts in dieser Richtung hören?

Kuhn: „Nö. Das bisschen, das ich so kenne und manchmal höre, das ist so jämmerlich: die Melodie in großer Aufmachung, und dann kommt so ein Stimmchen - o Gott, also furchtbar!“

Welche Musik neben dem Jazz kann Sie begeistern?

Kuhn: „Ich liebe die Klassik sehr. Ich bin ein großer Anhänger von (Maurice) Ravel. Ein Wahnsinn! Wenn man da eine Partitur betrachtet, wird einem schwindlig. Ich bewundere die Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle, der dirigiert das große Orchesterwerk von Ravel auswendig.“

Sie gelten als Legende - ist es das Lob, das Sie am meisten freut?

Kuhn: „Ich hab' das nicht so ernst genommen. Legende hin, Legende her, das macht nichts besser und nichts schlechter. Legende ist ein bisschen weit hergeholt, meistens nicht ganz wahr, meistens wird dabei ein bisschen geschwindelt.“

Interview: Inge Treichel, dpa

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