Neues Funk-Album von Prince

Der Sänger, Komponist und Produzent setzt auf Synthesizer-Fanfaren und Schlafzimmer-Soul.

Berlin. Prince hat sich verschenkt - und das erfolgreich. Der aktuellen Ausgabe der Musikzeitschrift "Rolling Stone" ist für Deutschland, Österreich und die Schweiz exklusiv die neue CD "20Ten" des Musikers beigeheftet - und schon ist die Ausgabe fast ausverkauft. Aber: Prince-Fans dürfen hoffen. Der Axel Springer-Verlag wird "Anfang der kommenden Woche eine Nachlieferung in den Handel stellen", sagt nun eine Sprecherin.

Im Plattenladen soll "20Ten" - je nachdem, wie man zählt, ist es seit 1978 Album Nummer 27 bis 29 - zunächst nicht erhältlich sein. Schon "Planet Earth" (2007) hatte Prince der britischen "Mail On Sunday" beilegen lassen. Die ungewöhnliche Vermarktungsstrategie wurde damals noch als Akt der Rebellion gegen sein Plattenlabel gewertet. Mit rund 100 Millionen verkauften Tonträgern im Gepäck konnte es sich der mittlerweile 52-Jährige offensichtlich leisten. Was ist das nun diesmal - ein künstlerischer und kommerzieller Ausverkauf oder eine weitere raffinierte Wendung in der wechselvollen Karriere des Pop-Riesen Prince Rogers Nelson aus Minneapolis?

Bei dem Multiinstrumentalisten erinnert man sich an großartige und manchmal größenwahnsinnige Konzertauftritte in den 80er Jahren, vor allem aber an grandiose Platten - grenzüberschreitende Mixturen aus Funk, Soul, Rock und Jazz wie "Purple Rain" oder "Sign O’ The Times". Man erinnert sich an viel musikalisches Mittelmaß und endlose Kämpfe mit der Plattenindustrie in den 90ern, in deren Verlauf sich Prince zeitweise in "The Symbol" oder gar "The Artist Formerly Known As Prince" umbenannte. Und man denkt auch irritiert zurück an die religiöse Prince-Phase der Nuller-Jahre, mit dem Bekenntnis zu den Zeugen Jehovas. Immerhin hatte er in dieser Zeit einige kleinere Hits.

Inzwischen gilt Prince als Sonderling, dessen Ego seine Plattenverkäufe weit überragt. Auch die Schilderungen der Reporter von "Rolling Stone" und "Daily Mirror", die zum Lohn für Schrittmacherdienste ihrer Verlage Audienzen beim Prinzen in dessen Paisley-Park-Imperium erhielten, lesen sich bizarr bis peinlich berührend. Eine Erklärung, warum das neue Album in Deutschland mit einer fünfstelligen "Rolling Stone"-Auflage erscheint, liefert Prince nicht - stattdessen Bekenntnisse wie "Musik soll den Geist befreien, uns auf die nächsthöhere Stufe heben".

Aber vielleicht ist er mit dem Vertriebsweg Zeitung/Zeitschrift ja auch wieder seiner Zeit voraus. Dass das Internet die Musikindustrie schwer unter Druck setzt, hatte Prince schließlich schon in den 90er Jahren geahnt - und dennoch früh vom Download-Boom profitiert. Kürzliche sagte Prince, das Internet interessiere ihn nicht mehr: Es sei überholt.

Das neue Album "20Ten" enthält zwar nichts, was man von Prince nicht so ähnlich schon gehört hat, kann dem riesigen Gesamtwerk aber durchaus den einen oder anderen Hit hinzufügen. Sämtliche Titel stammen von ihm. Produziert, arrangiert, komponiert und eingespielt wurde das Album wie immer in den Paisley Park Studios in Minneapolis. Bereits der Auftakt "Compassion" - ein Elektrofunk-Stück im Stil der frühen 80er mit melodischer Nähe zur "Rocky Horror Picture Show" - gelingt vorzüglich. Auch bei "Beginning Endlessly" dominieren Synthesizer-Fanfaren wie vor knapp 30 Jahren, ehe eine für Prince so typische Funk-Gitarre den Song ins Ziel bringt.

Es folgen einige hübsche Beispiele des Schlafzimmer-Soul ("Future Soul Song", "Walk In Sand") mit äußerst variablem Gesang - und immer wieder treibende Groove-Songs, die an frühere Großtaten erinnern ("Sticky Like Glue", das gesellschaftskritische "Act Of God"). Das schlagerhafte, großmäulige "Everybody Loves Me" sei ihm verziehen - Prince ist wieder da, auch als Zeitschriften-Beilage.

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