Aufführung in Baden-Baden : Musikalisch „de luxe“: Sir Simon Rattles „Tosca“
Baden-Baden (dpa) - Giacomo Puccinis (1858-1924) zu Beginn des 20. Jahrhunderts uraufgeführte „Tosca“ gehört zu den düstersten Opern der Musikgeschichte. Sie spielt in Rom in einem brutalen Polizeistaat zur Zeit Napoleons.
Dem Publikum bleibt nichts erspart: eine musikalisch höchst realistische Folterszene, Mord und Selbstmord; und das alles vor dem Hintergrund religiöser Heuchelei. Mit dem moralisch total verrotteten Polizeichef Baron Scarpia schuf der Komponist zudem eine der schwärzesten Figuren der Operngeschichte. Dennoch, oder deswegen, gehört „Tosca“ zu den absoluten Rennern des internationalen Repertoires.
Zum Auftakt der Osterfestspiele im Festspielhaus Baden-Baden inszenierte Regisseur Philipp Himmelmann den zeitlos-historischen Stoff als modernen Alptraum: Die gefeierte Sängerin Tosca und der Maler Cavaradossi leben ihre tödlich Liebesgeschichte in einem totalen Überwachungsstaat. Alles wird von Kameras und Mikrophonen überwacht; Scarpias Spitzel und Folterknechte sind überall, selbst in den Kirchen.
Der ganze zweite Akt spielt in einem gigantischen Überwachungszentrum vor einer riesigen Bildschirmwand. Das gelingt beeindruckend und publikumswirksam. Doch im Finalakt scheint Himmelmann und seinem Bühnenbildner Raimund Bauer die Puste auszugehen. Sie betreiben Bildverweigerung. Das tragische Ende auf der Plattform der Engelsburg spielt vor einer riesigen grauen Wand. Cavaradossi wird von den Schergen des toten Scarpia mit einem Bolzenschussgerät ermordet, bevor auch Tosca mit dem modernen Schlachterwerkzeug ihrem Leben ein Ende setzt.