Konzert in Dortmund: 7:1 für die Toten Hosen

Die Dauerfans gehen gut gelaunt nach Hause, Neulinge sind begeistert: Die Toten Hosen haben in Dortmund ihre aktuelle Visitenkarte abgegeben.

Dortmund. In Duisburg haben sie in den achtziger Jahren mal solidarisch auf der Rheinbrücke gestanden und demonstriert, als Krupp in Rheinhausen ein Stahlwerk dicht machte. Im Pott wird heute zwar immer weniger malocht, aber Ahnung von wahrer Leistung hat man dort. Ehrliche Arbeit wird honoriert - und deswegen werden die Toten Hosen in der Westfalenhalle umjubelt. Nach mehr als zwei Stunden Konzert und drei Zugaben laufen die nass geschwitzten Schwerstarbeiter Campino & Co. von Bühneneck zu Bühneneck und nehmen Ovationen entgegen.

Die beiden ausverkauften Konzerte in der Westfalenhalle sind in der geraden begonnenen "Machmalauter-Tour" die ersten Auftritte im Hosen-Heimatland. Die Düsseldorfer Band stellt am Montag Abend einmal mehr unter Beweis, warum sie ein Phänomen ist: Sie bedient den Kult, aber er reicht ihr nicht. Ein Tote- Hosen-Konzert ohne "Hier kommt Alex"? Undenkbar. Der Klassiker wird ebenso zelebriert, wie die "Zehn kleinen Jägermeister" in die Halle gebeten werden. Und die Dortmunder hatten Glück: Selbst der "Eisgekühlte Bommerlunder" wurde aufgetischt, wobei Campino hier an seine musikalischen Wurzeln erinnerte und schräg Trompete blies. "So habe ich als mieser kleiner Trompeter in einem Düsseldorfer Martinszug angefangen."

Soweit der Kult. Er muss sein und ist in einem Hosen-Konzert immer wieder Anknüpfungspunkt für Gute-Laune-Orgien. Aber die Jungs können ganz anders. "Nur zu Besuch", in dem Campino den Tod der Mutter verarbeitet, wird mit der Gitarre begleitet - und als der Frontmann das Lied anstimmt, hat er die Partystimmung in der Halle in Nullkommanichts gedreht.

Diese Abwechslung macht die Klasse der Toten Hosen aus. Das neue Album ist mit seinen durchweg ernsten Texten von Null auf Eins durchgestartet, der Totenkopf als Band-Logo hat noch nie eine so große Berechtigung gehabt. Campino arbeitet sich an den Lieben des Lebens, den Trennungen und dem Tod ab. Sieben Stücke der neuen CD landen auf der Playlist, darunter die Balladen "Teil von mir", "Ertrinken" und "Tauschen gegen dich". Die Kohorte der alten Hosen-Fans weiß, wovon er spricht - und singt ebenso textsicher mit wie der Fan-Nachwuchs, der reichlich vertreten ist. Die Toten Hosen sind der Unterteilung zwischen Teenie und Gruftie schon lange spielend entflohen.

Dem Erfahrungszuwachs entspricht die instrumentelle Vielfalt. Auf der Bühne wird nicht nur Gitarre und Schlagzeug, sondern auch Piano, Akkordeon und Cello gespielt. Und weil das Unplugged-Konzert im Wiener Burgtheater so gut angekommen ist, werden die akustischen Gitarren ausgepackt, um "Guns of Brixton" zu spielen. Einer der schönsten Momente des Abends.

Der Kreis schließt sich auf zwei Weisen. Ein Medley der ersten frühen Hosen-Hits von "Opel-Gang" bis "Wir sind bereit" zeigt, wie explosiv und einfach die frühen Jahre waren. Die Toten Hosen entlassen ihre Fans mit "You’ll never walk alone", der Fußball-Hymne aus Liverpool - von den Besuchern schon vor Konzertbeginn laut gesungen. Beim Fußball herrscht ohnehin Einigkeit: Als das Bayern-Lied ertönt, werden auf Leinwänden alle Tore des 7:1 von Fortuna Düsseldorf gegen Bayern München gezeigt. Spaß muss sein, auch nach 26 Jahren auf der Bühne.

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