Jake Bugg: Die Gitarre stets griffbereit

Der 18-jährige Londoner Jake Bugg sorgt mit seiner Musik zwischen Folk, Blues und Beat für eine Wiederbelebung der Arbeiterklassen-Songs im Stile Bob Dylans.

Düsseldorf. Jake Bugg ist Englands neueste Rock-Hoffnung. Der junge Bursche aus Nottingham widerspricht in seiner Musik dem digitalen Zeitgeist und hat sich dadurch in Großbritannien zum Gegenentwurf für alle Plastik-Pop-Geschädigten gemacht. Das selbst betitelte Debütalbum schoss direkt auf Platz eins der britischen Album-Charts, verdrängte Mumford & Sons oder Leona Lewis.

Schon 2011 wuchs die Aufmerksamkeit für das Talent in Branchenkreisen, als der 18-Jährige auf der von der BBC betreuten „Introducing“-Bühne des renommierten Glastonbury-Festivals auftrat. Einer breiteren Öffentlichkeit präsentierte sich Bugg dann im Mai des vergangenen Jahres, als er von der britischen TV-Legende Jools Holland in dessen Show „Later . . .“ eingeladen wurde.

Seither gilt Jake Bugg als heißer Kandidat, der nächste große Rockstar des Vereinigten Königreichs zu werden. Noel Gallagher nahm ihn bereits ins Vorprogramm seiner jüngsten Tour auf. Eine Einladung, die einem Ritterschlag gleichkommt. Es scheint, als würde der Ex-Oasis-Kopf den Stab an Bugg weiterreichen, den man auf Pressefotos stets lässig mit Zigarette sieht. Die Attitüde stimmt, das Zeug zum Rockstar ist vorhanden. Es äußert sich in jugendlicher Arroganz, sympathischer Selbstüberschätzung und einer kompromisslosen, ergebnisoffenen Nachdenklichkeit.

In seinen Texten verarbeitet Bugg persönliche Erlebnisse, thematisiert seine bittere Familiengeschichte und erloschene Liebschaften. Der Sohn einer Verkäuferin und eines Krankenpflegers repräsentiert ein Arbeiterklassen-Image, ohne dabei die Selbstreflexion zu vergessen. Oft wirkt der Protagonist seiner Lieder älter, als es der Autor ist — und doch ist es in erster Linie Jugend, die hier durch den Filter vermeintlich alter Klänge spricht.

Bei aller Nostalgie der zwischen Folk, Blues und Beat pendelnden Musik hört man, dass diese Lieder aus der Erlebniswelt eines Jungen in den 2000er-Jahren stammen. Botschaften aus der britischen Gegenwart — und doch kein Britpop.

Wenn er singt, weicht sein Cockney-Englisch einem Akzent, der direkt von einer Farm in Kentucky stammen könnte. Die Sehnsuchtsorte des Jake Bugg sind weite Landstraßen. Raus aus der Enge der britischen Einöde. Die Bilder dazu haben ihm Robert Johnson und andere Blues-Klassiker in den Kopf gesetzt. Es mag verwundern, dass ein Teenager derartige Einflüsse angibt; doch sollte man nicht vergessen, dass auch Bob Dylan gerade 21 Jahre alt war, als sein Debütalbum erschien und sich auf sehr ähnliche Vorgänger bezog.

Die Vergleiche drängen sich daher geradezu auf, obschon Bugg nicht müde wird zu betonen, dass er Nachholbedarf in Bezug auf Dylans Werk habe und bisher nur ein einziges Album von ihm kenne. Stattdessen gibt der Brite den amerikanischen Barden Don McLean („American Pie“) als wichtige Inspiration an. In der TV-Serie „The Simpsons“ sah und hörte er dessen Lied „Vincent“ und beschloss, sein Leben fortan der Musik zu widmen.

Dennoch hat das Debütalbum wenig vom zarten, nah am Kitsch wandelnden Folk-Pop McLeans und erinnert durch seine rohe, minimalistische Instrumentierung eher an Country- oder Blues-Alben der frühen 1960er Jahre. Akustikgitarre, eine einnehmende Stimme und ein polterndes Schlagzeug — viel mehr braucht es selten, wie der Hit „Lightning Bolt“ eindrucksvoll zeigt.

Unterstützt wurde Bugg bei diesem und anderen Liedern von Ian Archer. Der nordirische Sänger verdankt seinen Ruhm als Songschmied unter anderem der Arbeit am Snow Patrol-Album „Final Straw“, für das er den Hit „Run“ schrieb. Für den jungen Bugg ist er Freund und inspirierender Geschäftspartner gleichermaßen. Von Label-Strategie soll da keine Rede sein.

Er mache Musik, um die Leute wieder dazu zu bewegen, eine Gitarre in die Hand zu nehmen, sagte Bugg der britischen Tageszeitung „The Telegraph“. Ein einfacher und ebenso ehrbarer Grund. Wenn alles so weiterläuft wie bisher, darf Jake Bugg sich schon bald als Retter der britischen Gitarrenmusik feiern lassen.

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