Ideen-Überschuss: Cass McCombs und Kevin Devine

Berlin (dpa) - Manchmal muss alles raus. Singer/Songwriter mit zu vielen Ideen machen dann - ein Doppelalbum (Cass McCombs) oder zwei Platten gleichzeitig (Kevin Devine). Bei beiden führt der Kreativitäts-Überschuss mit je 22 neuen Songs zu etwas Gutem.

Ein Wimmelbild ziert das Cover von „Big Wheel And Others“ (Domino), dem Opus magnum der bisher recht gleichmäßig in der oberen Mittelklasse verlaufenen Karriere von CASS MCCOMBS. Dieses so unübersichtliche wie faszinierende Bild passt zum aktuellen Doppelalbum des 36-Jährigen aus Kalifornien. Denn eine einheitliche Stimmung stellt sich über insgesamt rund 85 Minuten nicht ein, ein roter Faden fehlt - aber das schadet nicht.

Graziler Folkpop, sparsam instrumentierter Singer/Songwriter-Stoff, sehnsüchtiger Countryrock, aber auch Jazz-, Latin- und Blues-Elemente sowie mehrfach kurz eingeblendete Gespräche eines Mannes mit einem kleinen Jungen (McCombs und sein Sohn?): All dies ergibt eine Mixtur, die es dem Hörer nicht immer leicht macht, aber am Ende ein sehr angenehmes Völlegefühl erzeugt.

Genau dies gelang McCombs auf seinen bisher sechs Alben seit 2003 eben nicht - dass man sich hinterher zurücklehnte und das Gefühl hatte, einem rundum zufriedenstellenden Werk gelauscht zu haben. Emotionales Highlight dieses ambitionierten Doppelalbums ist „Brighter!“, ein nostalgisches Lied mit dem Gesang von Karen Black, der kürzlich verstorbenen großen Hollywood-Schauspielerin.

Ingendwie unrund wirkte bisher auch die künstlerische Bilanz von KEVIN DEVINE, einem 33-jährigen Singer/Songwriter aus Brooklyn. Für „Bubblegum“/„Bulldozer“ (Big Scary Monsters/Alive) suchte er finanzielle Unterstützung über die Fan-Plattform Kickstarter - und plötzlich standen ihm satte 114 000 Dollar zur Verfügung. Damit konnte Devine seine doch recht unterschiedlichen neuen Songs auf zwei Tonträger verteilen.

Diese Trennung ergibt Sinn, denn so kommen beide Seiten des seit 2002 unter eigenem Namen aktiven Musikers zur Geltung. „Bubblegum“ ist eine kraftvolle Indierock-Bandplatte zwischen Pixies, Posies und Pearl Jam, mit zugänglichen Melodien, rauen Gitarren und Devines energiegeladenen Vocals. „Bulldozer“ entspricht eher dem bisherigen Solowerk des Amerikaners, mit zehn leichtfüßigen, freundlichen Folk- und Popsongs. Je nach Stimmung wird man mal zur einen oder zur anderen Platte greifen - lohnend sind auf jeden Fall alle beide.

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