„Ich bin immer noch Rockerin“ - Inga Rumpf wird 65

Hamburg (dpa) - Ihre Stimme ist ihr Kapital. Kritiker haben Inga Rumpf als „beste Sängerin Deutschlands“ gepriesen. Gospel und Rockmusik, Soul und Blues - die Hamburger Deern, wie sie sich selbst nennt, ist vielseitig.

Seit Beginn ihrer Karriere in den 60er Jahren fasziniert sie mit Stimmgewalt.

Mit extremen Tonlagen und rauchig-röhrendem Sound erinnert sie an Janis Joplin, an Aretha Franklin, auch an Tina Turner, für die sie selbst einen Song geschrieben hat, oder die legendäre „Gospel-Königin“ Mahalia Jackson.

Auch wenn Inga Rumpf zuletzt viel Gospel gesungen hat, in eine musikalische Schublade will sie sich auf keinen Fall stecken lassen. „Ich bin immer noch Rockerin“, sagt Rumpf, die am Dienstag (2. August) 65 wird. „Alles hat seine Zeit, man kann ganz viel parallel machen.“

Und so tourte sie mit den US-Rockern Aerosmith und dem Soulsänger Lionel Richie, hatte zu dem 1983 gestorbenen Bluesmusiker Muddy Waters (1913-1983) Kontakt ebenso zu Dr. John, dem musikalischen Tausendsassa aus New Orleans. Mit Bluesmusiker BB King durfte sie bei dessen Abschiedstour 2006 auftreten („darauf bin ich stolz“). „Die Adaption meines Songs "I wrote a letter" von Tina Turner (im Jahr 1984) war natürlich ein Höhepunkt.“ Jüngst begeisterte Inga Rumpf im Juni bei einem Konzert von BAP als Gastsängerin im Hamburger Stadtpark.

TV-Moderator Reinhold Beckmann wird durch das Geburtstagskonzert „"Back To The Roots" - Happy Birthday, Inga!“ am 20. August in Oldenburg (Niedersachsen) führen. „Da soll es einige Überraschungen geben, die ich aber noch nicht kenne - das macht alles mein Manager Andreas (Linke).“ Die Musikerin lebt mal in Hamburg, mal auf dem Lande irgendwo an Niedersachsens Küste. Allzu Privates will sie nicht preisgeben.

Ihre Karriere begann in der Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, der Flower-Power-Generation und Studentenrevolte. „Erstmal war das aber für mich die Flucht aus kleinkarierten Verhältnissen“, erzählt die im Stadtteil St. Georg aufgewachsene Tochter eines Hamburger Seemanns und einer ostpreußischen Schneiderin, warum sie Musikerin wurde. Zuhause spielte Vater „ein bisschen Quetschkommode“, Mutter sang im Kirchenchor und nahm Inga oft in die Kirche mit - eine Erfahrung, die ihre Vorliebe für Gospels und Kirchen („die Gebäude, nicht die Institution!“) bis heute grundgelegt hat.

Als Drummer spielte Udo Lindenberg, aus Westfalen nach Hamburg gekommen, für Inga Rumpf bei den City Preachers, ihrer ersten, noch auf Folklore ausgerichteten Band. Gemeinsam erweiterten sie den Stil in Richtung Beat und Soulmusik. „Wir lebten in der Kommune zusammen, die erste WG, da haben wir eine tiefe Freundschaft entwickelt - und das wird wohl auch immer so bleiben.“

Anfang der 70er Jahre, der besten Zeit von Frumpy und der Nachfolgeband Atlantis, wurde Rumpf als „größtes Individualtalent der deutschen Rockszene“ („FAZ“) und als „neuer Superstar“ („Zeit“-Magazin) gefeiert. 1971 wählten die Leser des „Musik Express“ Frumpy zur „besten deutschen Rockgruppe“. Aus diesen Jahren stammen die Alben „All will be changed“ mit dem Song „Indian Rope Man“ und „Frumpy 2“. Mitte der 70er Jahre ging's nach England und in die USA, wo Rumpf mit der US-Rockband Aerosmith und Lynard Skynard auftrat.

In den 80er Jahren sind die ganz großen Erfolge erstmal vorbei. Mit der neuen Band Reality tritt Inga Rumpf auf, unterrichtet als Dozentin an der Hamburger Musikhochschule, engagiert sich bei „Rock gegen Atom“.

Der Gospelmusik wendet sie sich seit den 90er Jahren wieder verstärkt zu. Auf Kirchentagen singt sie, begeistert bei 20 Konzerten im Christuspavillon der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover. Zehn Jahre gibt sie Neujahrskonzerte im Hamburger Michel, 15 Jahre ist sie dort auch bei Motorrad-Gottesdiensten dabei. „Only God makes Stars“, lautet einer ihrer Songs, ein Titel, den sie auch als ein Lebensmotto betrachtet.

Mit der Kirche als Institution hat sie wenig am Hut, trat aus Protest in den 70er Jahren aus und Anfang der 90er Jahre wieder ein - „ebenfalls aus Protest, weil ich etwas innerhalb der Kirche, in diesen Kirchenräumen verändern wollte, indem ich Konzerte gebe“. Sie sieht viele, die mit ihr älter geworden sind, „wieder auf der Suche nach einem spirituellen Faden: Woher komme ich, wohin gehe ich? Wir sind ja in einem Alter, wo gute Freunde und Angehörige schon nicht mehr da sind, und da wird man ein bisschen demütiger.“

Auch wenn die Power der Jugend nachgelassen hat („ich gebe maximal zwei Konzerte hintereinander, mache dann Pause“), auf 30 bis 40 Auftritte im Jahr kommt Inga Rumpf dennoch. Live-Konzerte zieht sie Studioproduktionen „unbedingt“ vor: „Mit den Leuten den Moment feiern, das ist es. Wenn Du live spielst und singst, zeigt es sich, ob Du es kannst oder nicht.“

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