Grönemeyer-Tour: Ein Herbert lässt nicht locker

Grundsympathisch: Der große Grönemeyer begeistert das Publikum in Düsseldorf.

Düsseldorf. Zwei Schlagzeuge ballern los, ein Nebelhorn tutet, 34 000 Menschen in der fast ausverkauften Düsseldorfer Arena toben am Mittwochabend. „Ich will mehr Schiffsverkehr“ — man hört Herbert Grönemeyer, bevor man ihn sieht. Schlicht kommt er auf die Bühne, E-Gitarre im Arm, fängt einfach an.

Im März hat der 55-Jährige sein neues Album rausgebracht, sein 13. seit 1979. Pünktlich geht er damit auf Tournee durch die Stadien der Republik. Aber die Leute sind nicht deswegen gekommen, sondern um den Herbert an sich zu feiern. Er ist Deutschlands größter Rockstar, strahlt aber noch immer dieses Grundsympathische und kumpelhaft Unverzickte aus.

Es blitzt in seinen Augen, wenn er vor dem Publikum wie seit fast 30 Jahren den knie-elastischen Tanzbären gibt und die Luft über den ersten Reihen anboxt. Andere Musikstars halten sich am liebsten hinter ihren Riesenboxen auf, dosieren den Kontakt zu den Fans möglichst sparsam. Ein Herbert badet vergnügt darin, läuft unermüdlich die Rampe entlang.

Ihm würde es nicht einfallen, dem Publikum seine Lieblingslieder vorzuenthalten, weil sie ihm selbst langweilig geworden sind. Natürlich stehen die neuen Songs auf dem Programm. Aber bei der Ansage kichert Grönemeyer selbstironisch: „Das kennt wieder keiner“, und lässt beizeiten die Groß-Hymne „Bochum“ los.

Liebevoll verspielt ist die Bühne, die sein Freund Anton Corbijn, der holländische Fotograf und Filmemacher, entworfen hat: riesige Bildschirme, die wie die Segel eines Fünfmasters angeordnet sind, hallenhohe Lichttürme wie Masten, aus denen es bei „Bochum“ als Verbeugung vor dem Ruhrpott-Mythos rot herausqualmt, hoch oben blinken Positionslampen, unten ragt der Laufsteg wie ein Promenaden-Pier mit Laternen ins wogende Meer des Publikums.

In Lettern wie aus Treibholz steht „HRBRT“ hinten auf der Bühnenwand — als Winke-Winke an all diejenigen, die immer mäkeln, sein Gesang bestehe nur aus Konsonanten.

Nun, eine gewisse Textsicherheit ist auch an diesem Abend erforderlich, denn der bekannt gepresste Gesang geht oft im Gedröhn der Bässe und E-Gitarren unter. Das erspart einem für diesen Abend immerhin die Grübelei, was er wohl mit verzwirbelten Formulierungen meint wie „ohne Regel kein Verkehr, es kommt ein Licht von irgendwo her“. Die Hauptsache ist doch, „Männer“ sind auch jetzt noch ebenso weich wie unersetzlich, die Flugzeuge kreisen im Bauch, und mit der „C-C-Currywurst hasse wat im Bauch“.

Wenn er „Deine Zeit“ singt, das Lied über die Demenzerkrankung seiner Mutter, wird es still im weiten Rund. Der Altersschnitt liegt um die 40, da trifft das Lied manchen Nerv zentral.

In Düsseldorf hat Grönemeyer wohl kein Heimspiel, wie es am Abend zuvor in Gelsenkirchen 50 000 Anhänger inbrünstig zelebriert haben. Aber ein Herbert nimmt nicht übel, ein Herbert lässt nicht locker, bis ihm die Erschöpfung im Gesicht steht.

So entwickelt sich sein erster Auftritt in Düsseldorf seit der Eröffnung der Arena 2005 („schöne Halle“) zur entspannten Familienfeier. Mal lässt er warme Gefühle aufwallen, wenn er von Einsamkeit, berauschender Liebesseligkeit und den Untiefen auf der Zick-Zack-Fahrt durchs Leben singt: „Rette mich durch den Sturm“.

Mal können sich die Zuschauer einfach dem Spaß hingeben: „Keiner liebt mich so wie ich.“ Ganz nebenbei ist die Light- und Lasershow perfekt. Nach fast drei Stunden und der vierten Zugabe schickt dieser Herbert die Menschen nach Hause, beschwingt und beglückt.

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