Goisern und Xavier Naidoo: Brückenschlag von Ost nach West

1800 Fans kamen zu Hubert von Goisern und Xavier Naidoo.

Düsseldorf. "Warum bist du heut gar so fern?" fragt sich Hubert von Goisern in seiner wunderschönen Liebesballade "Die Liab" vom neuen Album "S’Nix" und blickt dabei sehnsüchtig in Richtung Publikum.

Dieses sitzt direkt am Rhein gut 50 Meter Luftlinie entfernt vom großartigen Musiker, der bei seiner "Linz-Europa-Tour" einen umgebauten Frachtkahn als Bühne nutzt und an diesem lauen Sommerabend von Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims als Vorband unterstützt wird. "Normalerweise sehe ich an den Gesichtern der Leute, ob sie mich verstehen. Das wird heute wohl etwas schwer", sagt von Goisern im breiten Alpenslang des Oberösterreichers.

Doch der große Graben zwischen dem Rheinufer und der Tribüne des FrankenheimKinos wird vom großen Weltmusiker schon beim ersten Stück mühelos überbrückt. Dabei trifft der alpine Klang des Akkordeons kämpferisch auf krachende Rockgitarren, um einen neuen, multikulturellen Soundteppich auszubreiten, der schnell das Publikum miteinbezieht. Eine Schublade für diese Musik zu finden, die irgendwo zwischen Jazz, Polka, Reggae, Rock, Blues, Folk und Volksmusik herumschwirrt, scheint absolut unmöglich.

Die erste Tour, die von Goisern 2007 mit seinem Schiff zum Schwarzen Meer unternommen hat, prägt das Konzert des 55-Jährigen. So etwa, wenn die Bulgarin Darinka Tsekova grandios mit der Gadulka loslegt, und der Sänger mit seiner Stimme so spielt, dass sich der breiteste Dialekt wie eine osteuropäische Sprache anhört.

Doch nicht nur die Musik der Länder an der Donau hat beim Österreicher Spuren hinterlassen. "Ich habe mit vielen Menschen gesprochen und gesehen, dass uns die Angst gemeinsam ist. Die Menschen dort fürchten sich, dass wir ihnen noch das letzte Hemd rauben, und die Leute hier haben Angst, dass die uns den Wohlstand wegnehmen", berichtet von Goisern.

Ebenso spannend ist auch sein Umgang mit der alpenländischen Volksmusik, die er komplett in ihre Einzelteile zerlegt und dann wieder zu einem neuen Klanggebilde zusammenbaut.

Da passt dann ein exzentrischer Jodler perfekt zum Schlagzeugsolo, und die E-Gitarre verbindet sich harmonisch mit der Ziehharmonika. Gerade dieses Instrument begeistert auch die jüngeren Fans, die zuvor noch dem Schiffsgast Xavier Naidoo zugejubelt haben. Er steht als Zugabe noch gemeinsam mit dem hervorragend aufgelegten Alpenrocker auf der Bühne.

Neben der Werbung für Linz als kommende Kulturhauptstadt Europas, hat sich von Goisern auch den Brückenschlag zwischen den Kulturen des Kontinents auf die Fahnen geschrieben. Ein Projekt, das dank eines außergewöhnlichen Musikgenies an diesem lauen Abend zum Greifen nah scheint.

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