„Es war uns eine Ehre“ - Der Abschied des Grafen

Köln (dpa) - Es war ein langer Abschied. Und jetzt soll's das tatsächlich gewesen sein: Nach einem furiosen Konzert ist Unheilig am Samstagabend in Köln endgültig von der Bühne abgetreten.

„Es war uns eine Ehre“ - Der Abschied des Grafen
Foto: dpa

Noch einmal jubeln die rund 30 000 Fans im Rheinenergie-Stadion dem Grafen lautstark zu. „Es war uns eine Ehre, für euch Musik zu machen“, sagt er sichtlich gerührt. Das Lied „Der Vorhang fällt“ setzt den Schlusspunkt unter das Konzert und eine steile Karriere.

Viele Besucher sind von weit her angereist, um die letzte Gelegenheit zu nutzen, die Band live zu erleben. Dirk Tröbst zum Beispiel kommt aus Heidenheim bei Ulm und hat sich als Doppelgänger seines Idols zurechtgemacht - mit schwarzem Gehrock, Glatze und eckigem Bart an beiden Kinnseiten. „Der Graf wird mir wirklich fehlen. Aber ich habe auch Verständnis dafür, dass er aufhören will“, meint er.

Bei Songs wie „Lichter der Stadt“ und „Als wär's das erste Mal“ singen die Fans im Stadion lautstark mit - doch alles wird natürlich beherrscht von der markanten dunklen Stimme des Grafen. Der zieht nach wenigen Liedern seinen Gehrock aus - ihm ist wohl heiß vom Hin- und Herrennen, und es ist ein lauer Abend. Außerdem sei er „ein bisschen aufgeregt“, gibt er zu.

Der Song „Zeit zu gehen“ läutet passenderweise die Zugaben ein, darunter den Superhit „Geboren um zu leben“, der der Band 2010 den Durchbruch brachte.

Davor war Unheilig nur in der Gothic-Szene bekannt, entstieg dann jedoch der Subkultur. Das Album „Große Freiheit“ sauste auf Platz eins der deutschen Albumcharts und hielt sich dort hartnäckig. Es folgten Preise wie Echo, Bambi oder Goldene Kamera. Der Mann, der als Junge stotterte und durch die Musik zurück zur Sprache fand, hatte es nach ganz oben geschafft.

Doch nach all den Erfolgen schockte der Graf seine Fans vor zwei Jahren mit einem Offenen Brief, in dem er seinen Rückzug ankündigte. Er wolle künftig mehr Zeit mit seiner Familie verbringen, erklärte er zur Begründung. „Ich habe mich voll und ganz der Musik hingegeben und dabei vieles um mich herum vergessen und nicht gesehen.“ Im April 2015 startete die ausgedehnte anderthalbjährige Abschiedstour mit Köln als letzter Station.

Dort ist dem Grafen, der offiziell weder seinen richtigen Namen noch sein Alter verrät, der Trennungsschmerz deutlich anzumerken. Als das Konzert sich dem Ende zuneigt, wischt er sich öfter mit beiden Händen über das Gesicht und steht dann eine Weile bewegungslos da, als wolle er die ganze Atmosphäre noch einmal tief in sich aufsaugen.

„Wir wissen, dass das, was wir in den letzten Jahren erleben durften, nicht normal ist - dieser Applaus, diese großen Mengen von Menschen“, ruft er seinen Fans schließlich zu. „Wir sind so dankbar dafür.“ Jedoch gehe er auch mit einem lachenden Auge: „Das freut sich einfach auf die ganze Familie - mehr nicht.“

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