Drei neue Alben von starken Frauen

Berlin (dpa) - Das fängt ja gut an: Neue Alben von Ani DiFranco, Kathleen Edwards und Sara Johnston - starke Musik von selbstbewussten Frauen im eigentlich eher müden Veröffentlichungsmonat Januar.

Mit politisch engagiertem Neo-Folk, makellosem Countrypop und kernigem Gitarrenrock läuten die drei Damen aus den USA und Kanada das Musikjahr 2012 ein.

Das höchste Lob gebührt der 41-jährigen Sängerin, Gitarristin und Songwriterin ANI DIFRANCO für ihr erstes Studioalbum seit mehr als drei Jahren. „Which Side Are You On?“ (Righteous Babe/Tonpool) ist eine der besten von vielen guten Platten, seit sie mit ihrem noch ziemlich ruppigen Debüt 1990 die Bildfläche betrat.

Bei aller Hochachtung vor dieser Galionsfigur der linksintellektuellen Neo-Folk-Bewegung, der Bürgerrechtlerin, Umweltaktivistin und engagierten Label-Chefin DiFranco: Dass die New Yorkerin nach gut 20 Jahren ein solches Meisterwerk raushaut, war nicht unbedingt zu erwarten. Zwölf grandiose Songs transportieren Zorn und Enttäuschung über die politischen Zustände in ihrem Heimatland, aber auch privates Glück und Harmonie mit Lebenspartner und kleinem Kind.

Einer der Höhepunkte des von Mike Napolitano gewohnt rustikal produzierten Albums ist der Titelsong, eine bereits 1931 entstandene Polit-Hymne. Der 92-jährige Pete Seeger, der das Lied in den Sechzigern populär gemacht hatte, singt im Hintergrund von „Which Side Are You On?“ mit und spielt Banjo. DiFrancos vor Wut und Energie vibrierende, mächtig groovende Version des Protest-Klassikers wird von einem Kinderchor und einer Blaskapelle aus New Orleans veredelt - sechseinhalb Minuten pure Magie.

Neben kantigen Gitarren-Krachern wie dem feministisch angehauchten „Amendment“ hat Ani DiFranco auch einige ergreifend schöne Balladen („Hearse“, „Albacore“) und reinrassige Popsongs („Splinter“, „Mariachi“) im Programm. Jazzige Gitarrenakkorde, Standbass, Piano und Vibrafon verleihen einigen Liedern schwebende Leichtigkeit. Der Vergleich dieser Songschreiberin und Sängerin mit der großen Joni Mitchell ist hier endlich einmal nicht zu hoch gegriffen.

Während Ani DiFrancos Lieder eine eher herbe Schönheit verströmen, widmet sich die Kanadierin KATHLEEN EDWARDS auf ihrem neuen Album voll und ganz dem perfekten Wohlklang. Produziert wurde „Voyageur“ (Zoe/Rounder) vom derzeitigen Indiefolk-Wundermann Justin Vernon alias Bon Iver. Offenkundig eine Zusammenarbeit mit romantischer Pointe: Die frisch von ihrem Ehemann getrennte Edwards und Vernon sollen jetzt ein Paar sein.

Sich entlieben und wieder verlieben, dieses zeitlose Thema prägt denn auch Edwards' fast schon zu schöne Platte, auf der neben dem Multi-Instrumentalisten Vernon unter anderem Norah Jones und die feine britische Folkpop-Band Stornoway mitmischen. Die Songs rollen ruhig und ätherisch dahin, nur zweimal klingen die Gitarren etwas rauer in Neil-Young-Manier verzerrt („Mint“; „For The Record“).

Die Stimme der 33-jährigen Sängerin ist von nahezu eisiger, glockenheller Klarheit - im heutigen Alternative-Country und Folkpop ist Kathleen Edwards sicher eine der größten Stilistinnen. „Voyageur“ sollte ihr nach drei nur unter Insidern gerühmten Alben den Durchbruch bringen, und das nicht allein wegen der klangvollen Mitstreiter.

Aus einem härteren Holz ist SARA JOHNSTON geschnitzt, die als Gründungsmitglied der kanadischen Indiepopper Bran Van 3000 startete. Sie lässt auf ihrem gelungenen ersten Soloalbum „Trespassing“ (SJVC/Cobraside/Cargo) die Gitarren je nach Stimmungslage in Grunge-Manier dröhnen, punkig schrammeln oder folkig-melodisch klingeln.

Mit den Studio-Assen Jason Falkner, John Kastner, Chris Thorn und Michael Ray hat Johnston ein virtuoses Gitarristen-Quartett zusammengetrommelt, das eine beeindruckende Basis für ihre angenehme, an die junge Aimee Mann erinnernde Folk-Stimme legt. Mancher Song klingt noch etwas leichtgewichtig, nicht jeder Refrain geht so schnurstracks ins Ohr wie geplant, aber insgesamt ist „Trespassing“ ein erstaunlich reifes Alternative-Pop-Debüt geworden.

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