Das lange Warten auf Tokio Hotel

Konzert: Tagelang harrten die Fans vor der Westfalenhalle aus, um ihrer Lieblingsband endlich wieder zuzujubeln.

Dortmund. Als am Freitagabend um Punkt 20 Uhr in der Westfalenhalle die Lichter ausgehen, nimmt der Jubel der mehr als 10 000 Tokio Hotel-Fans extreme Züge an. Vom ersten Song "Ich brech aus", den Bill, Tom & Co. beim einzigen Deutschland-Konzert ihrer "1000-Hotels"-Tour performen, ist kaum etwas zu hören. Dezibelstark bricht sich die Begeisterung der deutschen Anhänger Bahn, die fast drei Monate warten mussten, um ihre Idole endlich live zu sehen.

Ende März war das Konzert wegen der Kehlkopf-Operation von Sänger Bill Kaulitz kurzfristig abgesagt worden. Damals hatten schon hunderte Fans tagelang vor der Halle campiert, um die besten Plätze im Innenraum zu ergattern. Auch jetzt zeugen weggeworfene Kälteschutzfolien und Schlafsäcke von dem Lager der Tokio Hotel-Gemeinde, die sich trotz kühler Temperaturen und Regen nicht vertreiben lassen wollte.

"Ich arbeite schon lange hier in der Westfalenhalle. Aber so was ist mir noch nie untergekommen. Die ersten haben bereits am Mittwochmittag hier campiert", sagt eine Mitarbeiterin, die gerade versucht, Isomatten in einen Müllcontainer zu stopfen.

Vanessa (17) aus Innsbruck ist auch am Mittwoch nach Dortmund gekommen. Sie hatte gehofft, einen Platz ganz nah an der Bühne zu bekommen. "Doch beim Aussteigen aus dem Zug bin ich umgeknickt", berichtet die Schülerin, die das Konzert nun vom Rang aus verfolgen muss. Dass sie aus Österreich kommt, merkt man an der rot-weiß-roten Flagge, die sie unablässig schwenkt. Fans aus Belgien, Frankreich, Italien, Polen und Dänemark machen ebenfalls auf sich aufmerksam.

Als Dank beflirtet ein über das ganze Gesicht strahlender Bill sein Publikum. "Ich freue mich, dass ihr auf mich gewartet habt. Ich kann es gar nicht glauben, dass heute so viele da sind. Aber wir sind ja auch hier in Deutschland zu Hause", ruft der 18-Jährige in die Masse, die sich mit vielfachen "Ich liebe Dich"-Rufen revanchiert. Dazu halten viele Mädchen liebevoll gemalte Transparente hoch mit Sätzen wie "Ohne Euch ist Deutschland doof" oder "Nach jedem letzten Mal brauch ich es noch einmal".

Ein paar Meter entfernt von seinem Zwillingsbruder gibt Tom breitbeinig den coolen Gitarristen. Nur die Hand bewegt sich unablässig über die Saiten seines Instruments. Gustav beweist hingegen, dass er zu den sportlichsten seiner Band gehört. Er bearbeitet schweißgebadet sein Schlagzeug mit einer Energie, als ob der Song "Der letzte Tag" nur für ihn gilt.

Während die Fans erstmals live in den neuen Songs der Band schwelgen, müssen die Ordner und Sanitäter fast pausenlos hyperventilierende oder bewusstlose Mädchen aus den ersten Reihen ziehen. "Das ist ganz schön eng da am Absperrgitter, aber Bill und Tom aus der Nähe zu sehen, ist einfach das Größte", schwärmt Vanessa.

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